Zollitsch: Politik darf Ränder der Gesellschaft nicht aus dem Blick verlieren

Zollitsch: Politik darf Ränder der Gesellschaft nicht aus dem Blick verlieren
Knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl hat der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, an alle Parteien appelliert, die Ränder der Gesellschaft nicht aus dem Blick zu verlieren.

Der Freiburger Erzbischof sagte am Montagabend in Berlin, Bevölkerungsgruppen wie Alleinerziehende, kinderreiche Familie oder Arbeitslose hätten ein höheres Armutsrisiko. Sie zu unterstützen sei "eine grundsätzliche Frage der sozialen Gerechtigkeit".

Migranten müssten in Deutschland zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten, fügte der Bischof hinzu. Daran habe vor wenigen Wochen der Tod zweier rumänischer Arbeiter in Niedersachsen erinnert. Es könne die Öffentlichkeit auch nicht unberührt lassen, dass es in Deutschland im Vergleich zu anderen westlichen EU-Ländern immer mehr Geringverdiener gebe.

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Zwar heiße es, Wahlen würden in der Mitte gewonnen, sagte Zollitsch dem vorab verbreiteten Redemanuskript zufolge beim Jahresempfang der katholischen Bischöfe in Berlin. Entscheidend für Gesellschaften sei aber, wie sie mit denen umgingen, "die nicht in der Sicherheit und Geborgenheit der Mitte der Gesellschaft sind".

Mit Blick auf Syrien rief Zollitsch die Politik auf, alles zu tun, um eine friedliche Entwicklung in der Region zu fördern. Er begrüßte, dass Deutschland 5.000 syrische Flüchtlinge aufnehmen will. Die meisten Opfer des Bürgerkriegs seien Muslime, betonte Zollitsch. Er machte aber zugleich seine tiefe Sorge deutlich, dass die christlichen Minderheiten in den Konflikten zerrieben werden.

Das Oberhaupt der deutschen Katholiken verwies auf die Neuorientierung der katholischen Kirche unter Papst Franziskus. Der Papst rufe dazu auf, sich den Randgebieten der menschlichen Existenz zuzuwenden, damit sich der Glaube in den Dienst der Gerechtigkeit und des Friedens stelle, sagte er. Die Kirchen sollten sich weder aus der Welt zurückziehen, noch sich in jede politische Entscheidung einmischen. Ihre Kompetenz sei es, "für die Werteorientierung in der Politik einzutreten", sagte er.

Zollitsch rief die Bürger dazu auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und zur Wahl zu gehen. Zum St. Michael-Empfang der katholischen Kirche wurden in diesem Jahr Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet sowie zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft.