Der Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen um gesunde und finanzkräftige Mitglieder hat sich offenbar verschärft. Das Bundesversicherungsamt in Bonn kritisiert in seinem im Internet veröffentlichten Tätigkeitsbericht für 2012 teils rüde Methoden, mit denen attraktive Kunden angelockt werden sollen. Den Pflegekassen wirft die Aufsichtsbehörde in ihrem Bericht, aus dem am Mittwoch mehrere Zeitungen zitierten, mangelnde Beratung vor.
###mehr-links### Während die Kassen Zeit, Geld und Kreativität in die Werbung attraktiver Mitglieder steckten, werde Versicherten mit hohem Kostenrisiko wie Alten und Kranken teilweise die Tür vor der Nase zugeschlagen, heißt es im Bericht der Behörde. So verlangten Krankenkassen Prämien für Mitgliederwerbung zurück, "wenn die Neumitglieder höhere Krankheitskosten verursachen als erwartet".
Für das Werben einkommensschwacher oder kranker Versicherter würden oft gar keine Prämien gezahlt. Dadurch verstießen die Kassen gegen das Diskriminierungsverbot und das in der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachtende Solidaritätsprinzip.
Behinderte und Chronish Kranke zur Kündigung aufgefordert
In einem Fall nahmen Mitarbeiter einer Krankenkasse dem Bericht zufolge Telefonkontakt mit behinderten und chronisch kranken Versicherten auf und versuchten, sie zur Kündigung ihrer Mitgliedschaft zu bewegen. Damit habe die Kasse gegen rechtliche Vorgaben verstoßen und sei ihrer Verantwortung bei der Versorgung dieser Menschen nicht gerecht geworden.
Die Aufsichtsbehörde beanstandete auch eine Reihe von Werbemaßnahmen, die sich die Kassen beispielsweise von privaten Versicherungsunternehmen bezahlen ließen. Private und Gesetzliche kooperieren vielfach, um Kassenpatienten zum Abschluss privater Zusatzversicherungen zu bewegen.
Zu den Pflegekassen heißt es in dem Behördenbericht, sie kämen ihrer umfangreichen Informations- und Beratungspflicht zum Teil gar nicht oder nur unvollständig nach. Die Kassen versäumten es beispielsweise, den Pflegebedürftigen Leistungs- und Preisvergleichslisten zu übermitteln und ihnen Informationen über die Qualitätsprüfungen von Heimen und Pflegediensten zu geben. Überwiegend würden keine Beratungen zu der Frage angeboten, welche Pflegeleistungen für die Betroffenen in ihrer jeweiligen Situation in Betracht kämen.