"I love my Prophet": Modelabel wirbt für modernen Islam

Foto: epd-bild/Friedrich Stark
"I love my Prophet": Modelabel wirbt für modernen Islam
Der Wittener Unternehmer Melih Kesmen bietet Mode für junge Muslime an. Mit englischen Sprüchen wie "Make Cay not War" (Mach Tee statt Krieg) verbinden die Klamotten Tradition und Popkultur. Bei "Jesus is a Muslim" haben allerdings Christen protestiert.
03.09.2013
epd
Bettina von Clausewitz

Am Anfang stand der Alleingang eines zornigen jungen Grafikdesigners aus dem Ruhrgebiet. "I love my Prophet", schrieb Melih Kesmen allen Islamanfeindungen zum Trotz 2005 auf sein T-Shirt und lief damit durch die Straßen Londons, wo er gerade arbeitete. Zu einer Zeit, als alle Welt über die dänischen Mohammed-Karrikaturen diskutierte und die Anschläge vom 11. September 2001 den Islam längst zur Terrorreligion gestempelt hatten. "Ich liebe meinen Propheten, das war mein Statement zu dieser Diskussion", sagt der 38-jährige Kesmen heute in seiner Agentur in Witten. Es war der Startschuss für "StyleIslam", ein trendiges und international beachtetes Modelabel auf dem schmalen Grat zwischen Tradition und Moderne.

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Das erste Shirt ist immer noch der Bestseller und der türkischstämmige Kesmen zeigt es gerne vor. Er selbst im dunklen Look der Kreativen mit Pferdeschwanz, Nerd-Brille und freundlich-zugewandter Art. Ein moderner Muslim, der mit seinem kleinen, feinen Online-Label Gleichgesinnte in aller Welt anspricht, die fast ausschließlich über das Internet kaufen. Läden gibt es nur in Saudi-Arabien, der Türkei und demnächst in Südafrika.

"Für junge Leute mit Botschaft"

"Es geht um eine Generation von jungen Muslimen, die zu ihrer Gesellschaft ja sagen, die partizipieren und mit gestalten wollen", meint er. Die einen Islam vertreten, der Frauen- und Menschenrechte achtet und nicht patriarchalisch auftritt. "StreetStyle für junge Leute mit Botschaft", wie es in der Werbung heißt, für ein "Miteinander aller Religionen, mit Respekt und Toleranz".

Melih Kesmen, Gründer des Modelabels "StyleIslam" in seiner Agentur in Witten bei Dortmund.

Mit seiner modischen Kleidung als Werbeträger für einen modernen Islam hat StyleIslam den Nerv der Zeit getroffen. Die T-Shirts und Sweatshirts für Männer, die dezent langen Tuniken für Frauen, Babylätzchen, Taschen oder Buttons haben oft politisch ambitionierte Motive, die gelegentlich an die 68er-Bewegung erinnern.

Alles in Englisch, denn die Community ist global und vernetzt: "Make Cay not War" (Mach lieber Tee als Krieg), heißt es etwa, "Jesus and Muhammad Brothers in Faith" (Jesus und Mohammed Brüder im Glauben), "Terrorism has no Religion" (Terrorismus hat keine Religion) oder "Hijab. My Right, my Choice, my Life", ein Plädoyer für die Freiheit, Kopftuch zu tragen. So wie auch Melih Kesmens Frau Yeliz es tut, mit der er die Firma 2008 gegründet hat, oder einige der Mediengestalterinnen, die im Atelier mit Kopftuch am Computer sitzen; Muslime und andere gemeinsam im siebenköpfigen Team.

Theologe Duncker: "Hier werden Klischees aufgebrochen"

Hier ist auch die zum Kultobjekt avancierte Messenger-Tasche entstanden, deren abnehmbarer Deckel zum Mini-Gebetsteppich umfunktioniert werden kann. "Wieder so eine von unseren vielen Ost-West-Symbiosen", erklärt Chefdesigner Kesmen, der in Dortmund Kommunikationsdesign studiert hat und früher Graffiti-Künstler war.

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Populärkultur mit Glauben zu verbinden, das ist sein Anliegen, denn Islam hat für Kesmen nichts mit sackartiger Wüstenfolklore zu tun. Den von Soziologen gern verwendeten Begriff "Pop-Islam", mit dem er bei Medienauftritten, Stiftungen oder Jugendeinrichtungen regelmäßig konfrontiert wird, mag er trotzdem nicht.

Der Islambeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen, Gerhard Duncker, zu dessen Region Witten gehört, findet das Projekt auf Anhieb spannend: "Das Thema Islam ist viel zu oft negativ besetzt," meint der Theologe, der lange in Istanbul gelebt hat. "Hier werden Klischees aufgebrochen, der Islam kommt witzig, selbstbewusst und zeitgemäß daher." Das könne zur Klimaverbesserung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen beitragen.

Jesus ist kein Taliban

Gar nicht witzig fanden vor ein paar Jahren allerdings einige Christen den Slogan "Jesus is a Muslim" (Jesus ist ein Muslim) und reagierten mit Drohanrufen, Briefen und Besuchen vor Ort. "Das Bild des Islam ist so verzerrt, dass sie verstanden haben: Jesus is a Taliban", versucht Kesmen die damalige Aufregung zu erklären. Um Streit zu vermeiden, zog er den Slogan zurück. "Ich möchte einfach nur Normalität", meint der engagierte Grafikdesigner.

Als Kind türkischer Gastarbeiter aus Anatolien hat er selbst erlebt, wie schwer es ist, eine eigene Identität zwischen westlichen Werten und nahöstlicher Tradition zu finden. "Wir hatten damals noch keine Vorbilder für unsere Mehrfachidentitäten. Aber heute sehe ich die Community der StyleIslam-Kunden und Fans auch als eine Art Botschafter", meint er. Ein Modelabel mit einer Mission.