Die Herrnhuter Brüdergemeine hat wegen Beteiligung an der Sklaverei im südamerikanischen Surinam im 18. und 19. Jahrhundert um Verzeihung gebeten. "Wir müssen erkennen, dass unsere Missionsarbeit nicht dazu beigetragen hat, das menschenverachtende System der Sklaverei zu ändern oder aufzuheben", erklärte der Vorsitzende der Leitung der Freikirche, Frieder Vollprecht, am Sonntag im sächsischen Herrnhut. Im Gegenteil habe die Kirche selbst Sklaven besessen. "Beschämt stehen wir vor diesem Aspekt unserer Geschichte und bitten die Nachfahren der zu Sklaven gemachten Schwestern und Brüder um Vergebung und Neuanfang", sagte Vollprecht.
Gedenken am Montag
Anlässlich des Gedenktags am Montag, der an die Abschaffung der Sklaverei in Surinam vor 150 Jahren erinnert, sollte am Sonntag in allen Gottesdiensten der Brüder-Unität in Deutschland und in den Niederlanden eine Erklärung verlesen werden, die die Schuld der Missionare klar benennt und einen Kurswechsel fordert. Die Geschichte der Sklaverei präge bis heute gegenseitige Wahrnehmung und Selbstbild, heißt es darin. "In der Art, wie wir miteinander umgehen sind Bilder von Höherwertigkeit und Minderwertigkeit noch lange nicht aus unserem Bewusstsein verschwunden", räumen die Herrnhuter ein.
Vollprecht kündigte an, dass die Geschichte der Brüdergemeinde auch mit allen problematischen Aspekten neu aufgearbeitet werde. Dabei solle geprüft werden, ob die Strukturen der Freikirche die gleichberechtigte Teilhabe aller Mitglieder unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit und kultureller Verwurzelung zulassen. Die Herrnhuter Brüdergemeine missionierte eigenen Angaben zufolge seit 1735 in Surinam, das von 1667 bis 1975 niederländischen Kolonie war. Besonders den Sklaven brachten die Missionare die biblische Botschaft näher. Nach Vollprechts Worten stellten sie die Sklaverei dabei aber nicht infrage. Die aus dieser Missionsbewegung hervor gegangene "Evangelische Broedergemeente in Suriname" hat heute rund 40.000 Mitglieder.
Knapp 24.000 Mitglieder in Europa
In Europa gehören der Bruder-Unität nach eigenen Angaben rund 23.700 Mitglieder an, rund 7.200 davon in Deutschland. Viele Mitglieder haben nach Vollprechts Angaben Wurzeln in Surinam, das an Brasilien und Guyana grenzt. So ist beispielsweise der Herrnhuter Bischof Theodor Gill Sohn als Sohn eines Missionars in Surinam geboren. Die Brüdergemeine wurde 1722 von mährischen Glaubensflüchtlingen gegründet. Sie ist vor allem durch ihr Losungs-Büchlein mit Bibelsprüchen für jeden Tag und den Herrnhuter Stern bekannt, der in der Advents- und Weihnachtszeit in vielen Häusern und Kirchen leuchtet.