Der 57-jährige Oberkirchenrat aus Hannover erhielt am Freitag in Emden 49 von 61 Stimmen und erreichte damit im reformierten Kirchenparlament auf Anhieb die erforderliche absolute Mehrheit. Ein Synodaler enthielt sich. Heimbucher wird damit Nachfolger von Jann Schmidt, der im Oktober in den Ruhestand tritt. Sein Mitbewerber, der Berliner Leiter des Büros des Militärbischofs, Werner Weinholt (43), erhielt lediglich sechs Stimmen.
###mehr-artikel###Heimbucher arbeitet seit 2007 als stellvertretender Leiter im Amt der Union Evangelischer Kirchen (UEK) der EKD in Hannover. Dabei sei ihm deutlich geworden, wie wichtig der "Blick über den Tellerrand" der eigenen Gemeinde und der eigenen Landeskirche ist, hatte Heimbucher vor der Wahl erklärt. Die Kirche werde sich in Zukunft verändern müssen, sagte er angesichts des Mitgliederschwunds: "Dann ist es doch besser, wir überlegen uns aktiv, was wir, und in welche Richtung wir verändern wollen, bevor der finanzielle Druck uns verändert."
Promotion über Bonhoeffer
Der in Bayern geborene und in Kassel aufgewachsene Heimbucher studierte in Göttingen und Mainz. Seine Doktorarbeit schrieb er über den Widerstandskämpfer und Theologen Dietrich Bonhoeffer. Erfahrungen als Pastor sammelte er in Gemeinden bei Bielefeld und in der Nähe von Göttingen. Die Amtszeit als Kirchenpräsident beträgt zwölf Jahre, eine Wiederwahl ist grundsätzlich möglich. Bei Heimbucher scheidet dies aus Altersgründen aus.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, würdigte den 57-Jährigen als "klugen, umsichtigen und präzise argumentierenden Theologen". Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Gerhard Ulrich (Schwerin), lobte Heimbuchers "beharrliches Eintreten" für den innerprotestantischen Dialog.
Die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz im ostfriesischen Leer zählt zu den kleineren der 20 Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der Kirche mit ihren 146 Gemeinden zwischen Ostfriesland und dem Allgäu gehören rund 185.000 Mitglieder an. In Deutschland leben heute insgesamt rund zwei Millionen reformierte Christen, ihr Dachverband ist der Reformierte Bund. Die reformierten Wurzeln liegen in der Schweizer Reformation des 16. Jahrhunderts. Zu ihren Vätern zählen die Reformatoren Ulrich Zwingli (1484-1531) aus Zürich und Johannes Calvin (1509-1564) aus Genf. Beide setzten auf eine radikale Erneuerung der Kirche.
Predigt steht im Mittelpunkt
In reformierten Kirchen gibt es keine Altäre, keine Kruzifixe und keine Wandmalereien, weil das Gebot "Du sollst dir kein Bildnis machen" sehr ernst genommen wird. Im Mittelpunkt der Gottesdienste steht die Predigt. In der reformierten Kirche herrscht ein striktes Gleichheitsprinzip: "Keine Gemeinde darf über eine andere, kein Gemeindeglied über ein anderes Vorrang oder Herrschaft beanspruchen", heißt es in der Kirchenverfassung. Nur Themen, die in einer Gemeinde nicht selbst geklärt werden können, werden von der Synode behandelt.
Die Evangelisch-reformierte Kirche wurde 1882 auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen gegründet, nachdem Kaiser Wilhelm I. den reformierten Gemeinden in seinem preußischen Herrschaftsgebiet die Einberufung einer eigenen Synode ermöglichte. Reformierte Gemeinden in Ostfriesland, der Grafschaft Bentheim, der Grafschaft Lingen und der Herrschaft Plesse sowie Gemeinden an der Unterweser und Hugenotten-Gemeinden schlossen sich zu einer eigenständigen Kirche zusammen.
Weltweit 80 Millionen Christen
1989 kamen die reformierten Gemeinden aus Bayern hinzu. 2011 schlossen sich auch die bis dahin selbstständigen Gemeinden in Hamburg, Braunschweig und in diesem Jahr auch Göttingen an. Reformierte Kirchen gibt es - neben lutherischen und katholischen Kirchen - auf allen Kontinenten. Nahezu 230 Kirchen in 108 Ländern weltweit gehören zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, die ihren Sitz 2014 von Genf nach Hannover verlegen wird. Die Zahl der reformierten Christen insgesamt wird auf rund 80 Millionen geschätzt.