Der Papst gilt nach katholischem Verständnis als oberster Brückenbauer ("Pontifex maximus"), als Bindeglied zwischen Himmel und Erde - und zu den anderen Kirchen. Denn das Wort "Pontifex" leitet sich ursprünglich ab aus dem lateinischen pons (Brücke) und facere (machen). Doch der "Brückenbauer" ist zum sprachlichen Klischee geworden.
"Brückenbauer", "Nachhaltigkeit", "Dialog": Bei vielen Worten ist die Bedeutung verwässert. Sie sind durch übermäßigen, falschen oder gedankenlosen Gebrauch zu Floskeln geworden - zu weitgehend sinnentleerten Sprachhülsen. Auch werden sie gezielt verwendet, um Sachverhalte zu verschleiern oder schönzureden.
In den Kirchen wird gerne vom Brückenbauer gesprochen, um den Wunsch nach Harmonie zu betonen. Er solle "ein Brückenbauer in der Ökumene" sein, gab der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad dem neuen Papst Franziskus nach seiner Wahl auf den Weg. Als "echter Pontifex" baue der Lateinamerikaner Brücken zwischen den Kontinenten und hin zu den Armen, konstatierte der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch als Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.
"Sprich klar und einfach"
Der Brückenbauer habe lexikalisch acht verschiedene Bedeutungen, erläutert der Heidelberger Sprachwissenschaftler Ekkehard Felder. "Das Bild der Brücke drängt sich für eine Metapher geradezu auf." Politiker oder auch Pfarrerinnen und Pfarrer sollten ihren Sprachgebrauch bewusst überprüfen und sich um eine abwechslungsreiche Wortwahl bemühen, empfiehlt der Linguist am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg. Mit phrasenhafter Sprache liefen Theologen etwa bei Predigten Gefahr, unglaubwürdig zu werden. Öffentliche Redner müssten darauf achten, Floskeln zu vermeiden und Sprachbilder maßvoll einzusetzen.
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"Sprachliche Klischees schleichen sich überall da ein, wo Menschen viel reden müssen", weiß Christoph Picker, Direktor der Evangelischen Akademie der Pfalz in Landau. In der Kirche gebe es besondere Versuchungen zur floskelhaften Rede. "Wir neigen ja auftragsgemäß dazu, lieb und nett miteinander umzugehen." Doch eine Folge sei auch Unwahrhaftigkeit. Im Grußwort oder bei der Verabschiedung fehle oft der Mut, kritische Punkte anzusprechen. Wem nichts Substanzielles einfalle, der sage etwas Unverbindliches.
"Sprich klar und einfach", lautet die wichtigste Regel, die Pfarrerin Julia Neuschwander angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern mit auf den Weg gibt. Die Leiterin des Predigerseminars der Evangelischen Kirche der Pfalz in Landau übt mit den Vikaren, damit sie nicht über die Köpfe der Gemeinde hinweg reden. Die Pfarrerin zählt ihre Ratschläge auf: bildreich predigen, kleine, wahre Geschichten erzählen, die Worte und Begriffe "erden", sie für die Menschen verständlich machen.
Besser viele Brücken bauen
Das Bild vom Brückenbauer sei durch undifferenzierten Gebrauch so weit abgegriffen, dass es sinnlos geworden sei, urteilt Paul Metzger, der Catholica-Beauftragte des Konfessionskundlichen Instituts im hessischen Bensheim. Ein Dialog der Konfessionen, der nur um seiner selbst willen geführt werde, baue keine Brücken und laufe ins Leere.
Der Brückenbauer sei nach wie vor ein aktueller und aussagekräftiger Begriff, urteilt hingegen das Bistum Speyer. Eine wichtige Aussage über die Aufgabe der Kirche, des Papstes und der Bischöfe werde damit kurz, prägnant und bildhaft ausgedrückt, sagt Sprecher Markus Herr. Diese Aufgabe bestehe darin, in vielfältiger Weise Brücken zu bauen, auch zwischen den Kirchen.
Lutz Kuntzsch, Leiter der Sprachberatung bei der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden, rät zu sprachkritischer Gelassenheit: Wenn ein Redner der Masse der Brückenbauer einen weiteren hinzufüge, sollte man sich nicht aufregen.