Die vorliegenden Fakten müssten rückhaltlos untersucht und die Hintergründe aufgeklärt werden, sagte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU), der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Montagsausgabe). Auch strafrechtliche Konsequenzen schloss der Parlamentarische Staatssekretär nicht aus.
###mehr-artikel###"Vergehen, wie sie hier berichtet werden, verlangen eigentlich nach strafrechtlicher Aufarbeitung", betonte Bergner. Nach heutigen Standards wären diese Handlungen kriminell. Offen sei aber, wie weit sie nach so langer Zeit geahndet werden könnten.
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete in seiner neuen Ausgabe von mindestens 50.000 Menschen, die mitunter ohne ihr Wissen an Arzneimittelversuchen teilnahmen. Dabei sollen Menschen auch gestorben sein. Das Magazin beruft sich auf bislang nicht bekannte Akten der Stasi und von DDR-Einrichtungen. Bereits Ende 2012 war bekanntgeworden, dass westdeutsche Pharmafirmen neue Arzneimittel auch an DDR-Patienten erprobt haben sollen.
Ruf nach Schadenersatz und Ausgleichszahlungen
Bergner sagte weiter, es wäre ein schwerer Skandal, wenn Tausende DDR-Bürger vermutlich sogar unter Verletzung von Rechtsvorschriften der DDR zu billigen und wohlfeilen Versuchskaninchen gemacht worden wären. Die Unternehmen der Branche sollten sich ihrer Verantwortung stellen und die ärztlichen Standesorganisationen die Bemühungen um Aufklärung unterstützen. Entschädigung müsse vor allem durch die Profiteure der Aktionen erfolgen.
Besonders erschütternd seien die Hinweise auf die offenbar konspirativen Verhandlungen zwischen DDR-Funktionären und Konzernmanagern, sagte Bergner. Dies klinge sehr nach vorsätzlicher Missachtung medizinethischer Grundsätze unter Umgehung von Kontrollbehörden. Hier wären beide Seiten zu beschuldigen. Schwieriger sei die Lage der Mediziner zu bewerten. Sie hätten in einer Mangelsituation in kritischen Fällen verzweifelt nach Wegen gesucht, für die eigenen Patienten wirksame Medikamente zu erhalten.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz (CDU), sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", die westlichen Arzneimittelfirmen müssten sich zu dem "außerordentlich schwerwiegenden Verdacht" äußern. Wenn es zu körperlichen Schäden bis hin zur Todesfolge gekommen sei, stelle sich die Frage nach Schadenersatz und Ausgleichszahlungen. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, erklärte, die Pharmatests zeigten, dass die Aufklärung der DDR-Vergangenheit eine gesamtdeutsche Angelegenheit sein müsse.