Zweiter Antrag gegen Platzvergabe im NSU-Prozess zurückgewiesen

Zweiter Antrag gegen Platzvergabe im NSU-Prozess zurückgewiesen
Das Bundesverfassungsgericht hat erneut einen Antrag eines freien Journalisten gegen die Platzvergabe für die Berichterstattung im NSU-Prozess abgelehnt.

Der Antrag des freien Journalisten Martin Lejeune sei unbegründet, weil die Grundrechte des Journalisten nicht verletzt seien, teilten die Richter am Donnerstag mit. Lejeune hatte im ersten Akkreditierungsverfahren einen Platz erhalten und war bei der neuen Verlosung am Montag leer ausgegangen. Ein weiterer Antrag war bereits am Mittwoch abgelehnt worden. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sprach sich unterdessen für eine Videoübertragung aus.

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Der zweite freie Journalist, der gegen die Platzvergabe geklagt hatte, hatte einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, weil es in dem neuen Verfahren keine Kontingente für freie und Online-Journalisten gegeben habe. Die Verfassungsrichter entschieden am Mittwoch, bei der Verteilung knapper Sitzplätze hätten Gerichte einen erheblichen Ermessensspielraum. Es sei nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, eine solche Entscheidung darauf zu überprüfen, ob die beste Verteilmodalität gewählt worden sei. Einen Anspruch der Journalisten auf Bild- und Tonübertragung in einen anderen Saal des Gerichts gebe es nicht.

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, nannte das Losverfahren unbefriedigend. Er sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagsausgabe), nach seiner Auffassung sei eine Videoübertragung des Prozesses zwar kein zwingendes rechtliches Gebot. "Sie wäre aber eine Frage der pragmatischen Klugheit." Das nach einer Intervention des Bundesverfassungsgerichts angewandte Losverfahren für die Journalistenplätze sei zwar juristisch unanfechtbar. Es könne aber "gleichwohl nicht befriedigen". Den Gesetzgeber forderte der ehemalige Gerichtspräsident auf, für eine gesetzliche Klarstellung zu sorgen, die Videoübertragungen ausdrücklich erlaubt. Auch die Deutsche Journalisten-Union (dju) sprach sich für eine Simultanübertragung des Prozesses aus.

Baum: "eher hilflos und nicht professionell"

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Angehörigen der NSU-Opfer, Barbara John, zeigt sich enttäuscht vom andauernden Hickhack um die Vergabe der Presseplätze im NSU-Prozess. Im Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe) verwies John darauf, dass der am Montag beginnende Prozess eine wichtige Funktion für den Zusammenhalt der Gesellschaft habe. Dafür sei größtmögliche Öffentlichkeit notwendig, für die das Gericht aber nicht habe sorgen können. Die Politik müsse nun Konsequenzen ziehen und sich mit dem Thema Videoübertragung im Gericht stärker auseinandersetzen.

Kritik äußerte in derselben Zeitung auch der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP): "Ich hätte mir mehr Sorgfalt bei der Frage gewünscht, wie die Presseplätze vergeben werden, welche unvermeidbaren Probleme es gibt. Dass es nun beim zweiten Auswahlverfahren wieder Fehler gegeben habe, nannte der FDP-Politiker nicht nachvollziehbar. Die Öffentlichkeitsarbeit des Gerichts kritisierte Baum als "eher hilflos und nicht professionell". Der Ansehensverlust für das Gericht sei groß.

Auch Baum forderte, Lehren aus den Diskussionen um die Vergabe der knappen Presseplätze zu ziehen. Eine Konsequenz müsse die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Videoübertragung sein. Zugleich warnte der frühere Bundesinnenminister aber vor zu großen Erwartungen. Er sei skeptisch, ob die Videoübertragung ein Ausweg sein könne.