Absage an Fanatismus bei den "Wormser Religionsgesprächen"

Absage an Fanatismus bei den "Wormser Religionsgesprächen"
Die Stadt Worms und die evangelische Kirche luden zu interreligiösen Gesprächen ein. Dabei knüpften sie an eine Tradition aus dem 16. Jahrhundert an. Im Mittelpunkt stand die Toleranz.

Vertreter von Christentum, Judentum und Islam haben bei den "Wormser Religionsgesprächen" am Wochenende über die Notwendigkeit und Grenzen religiöser Toleranz diskutiert. Der Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide rief dazu auf, die Präsenz des Islam in Europa als Bereicherung zu sehen. Die Verbundenheit vieler Muslime mit ihrer Religion könne auch Christen dabei helfen, sich auf ihre eigenen Wurzeln zu besinnen.

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Der braunschweigische evangelische Landesbischof Friedrich Weber bedauerte, dass es oft keinen gleichberechtigten Dialog zwischen Muslimen und Christen gebe, weil auf muslimischer Seite die Ansprechpartner fehlten. Vielerorts gebe es in den islamischen Gemeinden in Deutschland Imame, die "kein Wort Deutsch sprechen können", sagte er.

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann bezeichnete Fanatismus und Fundamentalismus als Hauptfeinde des Glaubens, "weil sie ihm zum Verwechseln ähnlich sind". Die katholische Kirche vertrete mittlerweile keinen mit früheren Jahrhunderten vergleichbaren Absolutheitsanspruch mehr.

Das Grundgesetz als religiöser Text

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte bei der Eröffnung am Freitagabend die Bedeutung religiöser Überzeugungen für das Funktionieren einer Demokratie betont. Das deutsche Grundgesetz sei ein "hoch ideologischer, tief religiös geprägter Text". Ein liberaler Staat könne und dürfe nicht auf religiöse Bezüge verzichten, forderte Lammert.

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Zugleich müsse es in einer Demokratie eine saubere Trennung von Religion und Politik geben, da Religionen von Wahrheiten handelten, Politik hingegen von Mehrheitsinteressen, die sich jederzeit wandeln könnten. Der Bundestagspräsident, der sich selbst als praktizierenden Christen bezeichnete, wies auf Parallelen zwischen den Problemen der Kirchen und der Parteien hin. In der Bevölkerung gebe es ein anhaltend hohes Interesse an Politik und eine nach wie vor überragende Akzeptanz christlicher Werte. Zugleich verlören Parteien und Kirchen dramatisch an Rückhalt.

Mit den Wormser Religionsgesprächen wollten die Stadt und die evangelische Kirche mit Diskussionen, einem Studientag und Gottesdiensten eine Tradition aus dem 16. Jahrhundert wieder aufleben lassen. Nach der endgültigen Kirchenspaltung hatte es in Worms 1541 und 1557 zwei katholisch-protestantische Treffen gegeben, auf denen ein Konsens in den strittigen Glaubensfragen gesucht wurde. Die Gespräche scheiterten damals. Künftig sollen die interreligiösen Treffen alle zwei Jahre in Worms stattfinden.