Man wolle noch in dieser Woche Verfassungsbeschwerde einlegen, sagte am Mittwoch der Sprecher der Ärztegewerkschaft, Hans-Jörg Freese, in Berlin. Konkret geht es um ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt vom 20. November 2012, welches Streiks bei kirchlichen Arbeitgebern nur unter Auflagen erlaubt (AZ: 1 AZR 611/11). "Wir halten die Begründung des Urteils für falsch, auch wenn wir im konkreten Fall formal gewonnen haben", sagte Freese.
Bereits am vergangenen Wochenende hatte die Gewerkschaft ver.di mitgeteilt, ebenfalls eine Verfassungsbeschwerde zum Streikrecht eingelegt zu haben. Nach Auskunft des Bundesverfassungsgerichts ist bislang jedoch noch kein Schriftsatz eingegangen.
Die Gewerkschaften stoßen sich vor allem daran, dass die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie bei der Aushandlung von Löhnen und Gehältern den Arbeitnehmern Streiks generell verbieten. Dabei berufen sie sich auf ihr im Grundgesetz verankertes kirchliches Selbstbestimmungsrecht, wonach sie auch ihr kirchliches Arbeitsrecht selbst regeln können.
Selbstbestimmungsrecht "unzulässig ausgeweitet"
Das Bundesarbeitsgericht hatte jedoch im vergangenen Jahr entschieden, dass die Gewerkschaften bei der Aushandlung von Löhnen und Arbeitsbedingungen nicht außen vor bleiben dürfen. Die Kirchen müssten Regelungen schaffen, bei denen die Gewerkschaften "angemessen" vertreten sind. Außerdem müssten die kirchlichen Arbeitsbedingungen verbindlich sein, andernfalls dürfe gestreikt werden.
Damit habe das Bundesarbeitsgericht dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht in unzulässigerweise Vorrang vor der im Grundgesetz ebenfalls verankerten Koalitionsfreiheit und dem damit verbundenen Streikrecht gegeben, sagte Freese. Der betroffene Hamburger Landesverband des Marburger Bundes werde daher nach Karlsruhe gehen.
"Auch wenn ver.di aktuell streiken darf, wird uns das Streikrecht bei Umsetzung der vom BAG festgelegten Bedingungen dauerhaft bestritten", hatte auch ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske gerügt. Die Erfurter Richter hätten das Recht der Kirchen, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln - und damit auch das Aushandeln von Arbeitsverhältnissen - "in Inhalt und Umfang unzulässig ausgeweitet".