Hinsichtlich des Verständnisses der Auferstehung Jesu stehen sich in der evangelischen Theologie sehr unterschiedliche Meinungen gegenüber, die nicht miteinander vereinbar sind. So bekennen sich die einen zur leiblichen Auferstehung Jesu, andere dagegen können sich nur einen "geistigen" Christus vorstellen und für wiederum andere ist "Auferstehung Jesu" ein symbolischer Ausdruck dafür, dass "die Sache Jesu" auch nach Karfreitag weitergeht (so etwa Willi Marxsen). Jedoch lassen sich innerhalb der neutestamentlichen Forschung durchaus eine Reihe von Einsichten ausmachen, die von den meisten Exegetinnen und Exegeten geteilt werden.
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Im Neuen Testament ist von der Auferweckung bzw. Auferstehung Jesu zum einen in formelhaften Wendungen – wie in Bekenntnissen oder Hymnen – die Rede, zum anderen in der Geschichte vom leeren Grab. Dabei begegnen die formelhaften Wendungen bereits in der Frühzeit, während die Grabesgeschichte einem späteren Überlieferungsstadium angehört. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Erscheinungen des Auferstandenen, auf die anfangs nur mit knappen Aussagen Bezug genommen wird. Dagegen erweisen sich die uns vertrauten Erscheinungsgeschichten der Evangelien als spätere Gemeindebildungen.
"Gott erweckte ihn aus Toten"
Der Osterglaube der ersten Christen kam anfangs in einer eingliedrigen Auferweckungsformel zum Ausdruck, die uns vor allem in den Briefen des Apostels Paulus erhalten ist. Sie begegnet in verschiedenen Formen: "Gott, der ihn / Jesus aus Toten erweckte" oder "Gott erweckte ihn [Jesus] aus Toten". Die Formel begreift Gottes Handeln an dem getöteten Jesus im Rahmen der Erwartung der endzeitlichen Totenauferweckung, die sich bereits an Jesus ereignet habe. Dabei setzt die Bestimmung "aus Toten" einen Aufenthalt im Totenreich voraus.
Während die eingliedrige Auferweckungsformel ursprünglich das Gewicht betont auf Gottes Handeln legt und für Jesus als Objekt dieses Handelns keine Hoheitstitel verwendet, wird sie im Laufe des Überlieferungsprozesses zu mehrgliedrigen, nun christologisch geprägten Wendungen erweitert. Ferner wird die Auferweckungsaussage mit weiteren Vorstellungsgehalten verbunden: ob mit dem meist als Sühnetod verstandenen Tod Jesu, mit seiner Erhöhung zur Rechten Gottes und seinem Eintreten für uns vor Gott oder mit seinem Kommen am Tag des Endgerichts. Als Beispiel für eine solche mehrgliedrige christologische Aussage sei die Glaubensformel angeführt, die Paulus in 1. Korinther 15,3b-5 zitiert. Das aus vier Gliedern bestehende Traditionsstück lautet:
"dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach den Schriften,
und dass er begraben wurde,
und dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften,
und dass er dem Kephas [d.h. Petrus] erschien, dann den Zwölfen".
Wie der Evangelist Markus die Auferstehung ergänzte
Die Erzählung von der Auffindung des leeren Grabes gehört ursprünglich nicht zu dem Passionsbericht, den Markus in sein Evangelium aufgenommen hat. "Die Erzählung ist erst im Überlieferungsprozess, vielleicht durch Markus selbst, mit der Passionsgeschichte verbunden worden" (Paul Hoffmann). Dies macht der Widerspruch deutlich, der zwischen der in der Grablegungsgeschichte vorausgesetzten endgültigen Bestattung (Markus 15,46) und der Salbungsabsicht der Frauen (Markus 16,1) besteht, welche eine provisorische Beisetzung voraussetzt. Die Verbindung der Grabesgeschichte mit den Erscheinungen vor Petrus und den Jüngern hat erst Markus hergestellt: So lässt Markus den Engel nicht nur die Osterbotschaft vermelden, sondern auch auf die Zusage Jesu hinweisen, dass er nach seiner Auferweckung Petrus und den Jüngern nach Galiläa vorangehen werde und sie ihn dort sehen würden (Markus 16,7).
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Sowohl dieses Engelwort als auch das Versprechen Jesu in Markus 14,28 gehen erst auf die Redaktionsarbeit des Markus zurück. Die dem Evangelisten vorliegende Geschichte vom leeren Grab als solche gehört in den Kontext antiker Entrückungslegenden, wie sie innerhalb des Judentums von Henoch, Mose und Elia und sonst in der Antike noch von Menelaos, Herakles und Alexander erzählt werden. Mit Hilfe der Entrückungsvorstellung wollte man das Bekenntnis zur leiblichen Auferstehung und Erhöhung Jesu verständlich machen, was eine späte Entstehung dieser Erzähltradition nahelegt. Paulus spricht jedenfalls in seinen Briefen nie von einem leeren Grab.
Die Erscheinungsgeschichten der Evangelien stellen durchweg späte Bildungen dar und lassen sich miteinander schwerlich verbinden (das betrifft den Ort, die Zeit, die Adressaten, die Art und Weise, den Gehalt der Erscheinung). Im Unterschied dazu verdient das Zeugnis des Paulus von den Erscheinungen Jesu besondere Beachtung, da er als einziger neutestamentlicher Autor von einer Erscheinung Jesu aufgrund eigener Erfahrung spricht. Dabei beschränkt er sich auf das Dass der ihm zuteil gewordenen Erscheinung, ohne diese näher zu beschreiben. Die Formulierung in Galater 1,15f, dass Gott es gefallen habe, seinen Sohn in ihm zu offenbaren, lässt eher an ein innerliches Geschehen als einen äußerlich sichtbaren Vorgang denken. Da Paulus sein Damaskuserlebnis mit den Erfahrungen der übrigen Osterzeugen auf eine Stufe stellt, müssen sämtliche Erscheinungen Jesu als Visionen beurteilt werden.
Was aber meint dann Auferstehung?
Bultmann und das Wort der Verkündigung
Rudolf Bultmann (1884–1976) zufolge ereignet sich Jesu Gegenwart jeweils in der christlichen Verkündigung (dies meint das griechische Wort kerygma), die auf den Glauben zielt, weshalb auch von einer Auferstehung ins Kerygma gesprochen werden kann. Bultmann wörtlich: "An den im Kerygma präsenten Christus glauben, ist der Sinn des Osterglaubens." Das Wort der Verkündigung, mit Paulus als "Wort der Versöhnung" (2. Korinther 5,18f) bestimmt, fordert im Sinne Bultmanns Glauben, "indem es die Frage an den Menschen richtet, ob er sich als Mitgekreuzigten und damit auch als Mitauferstandenen verstehen will".
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Ob der Marburger Theologe allerdings dem aufgeklärten Menschen gerecht wird mit der Behauptung: "Der christliche Osterglaube ist an der historischen Frage nicht interessiert", darf bezweifelt werden. Mag dies für die ersten Christen zutreffen, so kann dies aber nicht für alle Zeiten behauptet werden. Wenn nämlich der Historiker – mit Bultmanns eigenen Worten gesprochen – die Entstehung des Osterglaubens "bis zu einem gewissen Grade begreiflich machen [kann] durch Reflexion auf die ehemalige Verbundenheit der Jünger mit Jesus" und die Erscheinungen des Auferstandenen sich als "visionäre Erlebnisse" erklären lassen, dann wirkt sich dies sehr wohl auf unser heutiges Glaubensverständnis aus. Ob Jesus für uns lebendig ist oder uns lediglich als eine Größe der Vergangenheit erscheint, entscheidet sich dann daran, ob uns seine Worte und sein Verhalten überzeugen, uns umtreiben und uns den Weg ins Leben weisen.
Was nun das leere Grab betrifft, so begegnen unter evangelischen Theologen drei Positionen: Während die Konservativen behaupten, es müsse leer gewesen sein (Peter Stuhlmacher, Ulrich Wilckens), sagen andere, es könne leer gewesen sein, aber es müsse nicht leer gewesen sein (Ulrich Luz, Gerd Theißen). Und eine dritte Gruppe vertritt die Auffassung, es könne nicht leer gewesen sein (Herbert Braun, Gerd Lüdemann). So auch Bultmann, der die Überzeugung teilte, "dass ein Leichnam nicht wieder lebendig werden und aus dem Grabe steigen kann".
Die Bedeutung des Auferstehungsglaubens für die Christen hat Bultmann überzeugend zur Sprache gebracht, wenn er sagt: "Der christliche Glaube an die Auferstehung glaubt, dass der Tod nicht das Versinken in das Nichts ist, sondern dass Gott, der ständig der auf uns Zukommende ist, dieses auch in unserem Tode ist."