Terre des hommes kritisiert moderne Sklaverei in Textilindustrie

Terre des hommes kritisiert moderne Sklaverei in Textilindustrie
"Es gibt heute mehr Sklaven als zu Zeiten des transatlantischen Sklavenhandels, neben der Landwirtschaft vor allem in der Textilbranche und im Baumwollanbau", sagte die Kinderrechtsexpertin der Organisation, Barbara Küppers, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in einem Gespräch zum Anti-Sklaverei-Tag am 25. März.
24.03.2013
epd
Michaela Hütig

Die Entwicklung sei schockierend: Mindestens zwölf Millionen Menschen weltweit lebten in sklavereiähnlichen Verhältnissen, darunter zahlreiche Kinder. "Dieses Ausmaß hat ganz klar mit der modernen Textilindustrie zu tun", erklärte Küppers. "Sie braucht massiv billige Arbeitskräfte, weil sie billig produzieren muss." Weltweit beschäftige die Branche etwa 24 Millionen Menschen, 80 Prozent von ihnen Frauen. Viele Menschen seien überrascht, wenn heutzutage noch von Sklaverei die Rede sei. Doch aus Sicht von terre des hommes nehme das Phänomen immer mehr zu, lediglich die Erscheinungsformen hätten sich gewandelt.

"Früher konnte man einen Sklaven kaufen, der einem dann mit Haut und Haaren und für immer gehörte", sagte die Expertin. Heute dagegen seien die Abhängigkeiten meist zeitlich befristet. Das habe auch zur Folge, dass den Arbeitgebern weniger am Wohl der Beschäftigen liege. "Anders als früher beuten Sklavenhalter Menschen heute auf Zeit aus und werfen sie nach Gebrauch quasi weg", sagte Küppers.

Das System der "glücklichen Bräute"

Deutlich wird das laut Küppers bei der Ausbeutung junger Mädchen und Frauen in Spinnereien im südindischen Tirupur, einem der größten Textilzentren der Welt. Hintergrund sei das sogenannte Sumangali-System ("glückliche Braut"): Armen Familien werde ein Bonus versprochen, wenn die Tochter einen dreijährigen Arbeitsvertrag erfüllt. In der Hoffnung, das Mädchen gut verheiraten zu können, verplanen die Familien das Geld für die Mitgift - eine eigentlich illegale Zahlung an die Eltern des Bräutigams. Für einen Hungerlohn werden der Expertin zufolge so in der Region 120.000 Frauen und Mädchen wie Sklaven gehalten und ausgebeutet.

Scharfe Kritik übte Küppers auch an Usbekistan, dem größten Baumwollexporteur der Welt: Die dortige Regierung zwinge Schulkinder und Studenten in den Ferien zu Ernteeinsätzen auf pestizidverseuchten Baumwollfeldern. "Die Kinder werden schulklassenweise auf die Felder gekarrt, und wer nicht mitmacht, hat mit Strafen zu rechnen", sagte die Kinderrechtsexpertin: "Es sind auch schon Studenten in den Knast gewandert, die sich verweigert haben." Von internationaler Kritik habe sich die usbekische Regierung bislang nicht beeindrucken lassen.