Der 57-Jährige anglikanische Geistliche klopfte zu Beginn der Zeremonie drei Mal mit seinem Bischofsstab gegen die Kirchentür, wie es die Tradition vorschreibt. Anschließend wurde der Erzbischof zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche von England von einer Frau inthronisiert. Sheila Watson, die Erzdiakonin von Canterbury übertrug Welby das Amt "mit all seinen Rechten und Ehren, und mit seinen Pflichten und Möglichkeiten zu dienen". Die Bischofsweihe von Frauen und die Rolle der Frau in der anglikanischen Gemeinschaft ist derzeit umstritten.
Charles und Camilla dabei
Rund 2.000 Gäste aus aller Welt, darunter Kronprinz Charles und Herzogin Camilla sowie Premierminister David Cameron, waren zu dem Gottesdienst ins südenglische Canterbury gekommen. Auch zahlreiche Bischöfe und Erzbischöfe aus der ganzen Welt waren zu dem Ereignis nach England gereist.
Welby forderte in seiner Predigt dazu auf, sein Leben in Gottes Hand zu legen, dann müssten sich die Menschen weniger fürchten. "Wenn wir Christus vertrauen, auch wenn wir versagen, finden wir Frieden und Hoffnung", sagte er. Zuvor hatte der Erzbischof sich in einem Interview gewünscht, dass die Menschen von diesem Gottesdienst die Botschaft mitnehmen, sich nicht fürchten zu müssen. Welby hatte die Musik für den Gottesdienst maßgeblich selbst ausgesucht. Im Anschluss an die Zeremonie tanzte eine afrikanische Trommlergruppe, um die Amtseinführung zu feiern.
Nachfolger von Rowan Williams
Welby folgt auf Rowan Williams, der das Amt zum Jahresende 2012 nach zehn Jahren niedergelegt hat. Der Erzbischof von Canterbury ist Primas der anglikanischen Kirche von England und zugleich Ehrenoberhaupt der weltweiten Anglikanischen Gemeinschaft. Deshalb wurde Welby bei der Zeremonie auf zwei Thronen inthronisiert.
Vor der feierlichen Zeremonie verteidigte Welby die kritische Haltung der Kirche von England zu Homosexualität und der gleichgeschlechtlichen Ehe. Allerdings sagte er auch, viele homosexuelle Paare hätten eine stabile, liebevolle und monogame Partnerschaft von "beeindruckender Qualität", was für ihn immer wieder eine Herausforderung sei.
Nachfahre deutscher Juden
Welby ist in London geboren. Väterlicherseits sind seine Vorfahren Juden aus Deutschland, die Ende des 19. Jahrhunderts vor dem wachsenden Antisemitismus nach England auswanderten. Unter den Vorfahren seiner Mutter befinden sich eine Reihe von Klerikern. Welby wurde an der Elite-Schule Eton ausgebildet. Anschließend studierte er Jura und Geschichte an der Universität in Cambridge. Zunächst war er Manager in der Ölindustrie. Erst später studierte er Theologie und wurde Geistlicher. Der Erzbischof von Canterbury, der als weltoffen und medienkompetent gilt, befürwortet die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt.
Papst Franziskus, der am Dienstag in Rom als neues Oberhaupt der katholischen Kirche eingeführt worden war, übermittelte Welby eine Grußbotschaft. Er freue sich, den Erzbischof in naher Zukunft zu treffen und die "warmherzigen und brüderlichen Beziehungen", die die Vorgänger pflegten, weiterzuführen. Auch der emeritierte Papst Benedikt gratulierte Welby zu seinem neuen Amt. Sein Amtsantritt falle in eine Zeit, in der der christliche Glaube in weiten Teilen der westlichen Welt von denen in Zweifel gezogen werde, für die "Religion eine Privatsache" sei.