Beschneidung von Jungen: Kinderärzte warnen vor Gesundheitsschäden

Foto: dpa/Kay Nietfeld
Beschneidung von Jungen: Kinderärzte warnen vor Gesundheitsschäden
Auch drei Monate nach der Neuregelung der religiös motivierten Beschneidung wenden sich europäische Kinderärzte gegen diesen Eingriff bei kleinen Jungen.

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Die Mediziner argumentieren mit möglichen Nachteilen im urologischen, psychologischen und sexuellen Bereich, wie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte am Montag in Köln mitteilte. Anders als ihre US-amerikanischen Kollegen seien die europäischen Ärzte nicht vom gesundheitlichen Nutzen einer vorsorgenden Beschneidung überzeugt.

Nachdem das Kölner Landgericht Ende Juni 2012 die religiös motivierte Beschneidung von minderjährigen Jungen als Körperverletzung gewertet hatte, war es zu einer kontroversen Debatte über diese Praxis gekommen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hielt dabei den Befürwortern der Beschneidung vor, diese Form der Körperverletzung zu bagatellisieren. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit habe Vorrang vor der Glaubensfreiheit und dem Elternrecht.

Bundestag und Bundesrat beschlossen im Dezember neue Regeln zur Beschneidung von Knaben. Damit bleibt die Beschneidung von Jungen zulässig, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. Zudem muss die religiöse motivierte Beschneidung fachgerecht und bei möglichst effektiver Schmerzbehandlung erfolgen.

Kein bedeutungsloses Stück Haut

Die Beschneidung sei eine Verletzung der UN-Kinderrechts-Charta und widerspreche dem ärztlichen Grundprinzip, dem Patienten keinen Schaden zuzufügen, heißt es in dem Fachzeitschriften-Artikel. Ärzte und Ärzteorganisationen sollten daher Eltern abraten, ihre gesunden Jungen beschneiden zu lassen. Die Autorengruppe weist auch darauf hin, dass die Vorhaut nicht nur ein bedeutungsloses Stück Haut ist, sondern ein Organ, das die Eichel schütze und eine wichtige Rolle bei der mechanischen Funktion des Penis in der Sexualität einnehme.

Die US-amerikanischen Kinderärzte hatten behauptet, eine Beschneidung von Jungen schütze vor Harnwegsinfektionen im Kindesalter, vermindere das Risiko von HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sowie die Häufigkeit von Peniskrebs. Nach Angaben des Berufsverbandes der Kinderärzte können Daten aus der westlichen Welt diese Vorteile nicht belegen. So seien HIV/Aids oder andere sexuell übertragbare Erkrankungen in den USA, wo etwa 75 bis 80 Prozent aller Männer beschnitten sind, viel häufiger als in Europa mit einer deutlich niedrigeren Beschneidungsrate von fünf bis zehn Prozent, hieß es.