"Darüber muss man reden", sagte der Minister am Donnerstag in Brüssel mit Blick auf die kommenden Monate. Es gehe um Menschen, die nur deshalb in andere Länder gingen, um dort Sozialleistungen zu bekommen, führte Friedrich am Rande eines EU-Innenministertreffens aus. Diese könne man zwar laut aktueller Rechtslage in ihr Heimatland zurückschicken - sie könnten aber umgehend wieder einreisen.
Friedrich äußerte sich vor dem Hintergrund der deutschen Debatte über Migranten aus Rumänien und Bulgarien. Die Problematik betreffe aber alle Länder, unterstrich er. Auf dem Innenministertreffen im Juni müsse man über die Möglichkeit zeitlich befristeter Wiedereinreisesperren sprechen: "Es geht um eine Sanktion. Du wirst zurückgeschickt und darfst zunächst einmal für ein Jahr, zwei Jahre nicht mehr nach Deutschland kommen."
Der CSU-Politiker sprach während des Ministertreffens auch mit seinen Amtskollegen aus Rumänien und Bulgarien über das Thema. Der Dialog umfasse etwa polizeiliche Gesichtspunkte, da es gegen Schlepperbanden vorzugehen gelte, sagte Friedrich. Angedacht sei auch eine Abgleichung von Daten aus dem rumänischen Sozialverwaltungsbereich: So lasse sich ermitteln, ob ein Sozialhilfe-Antragsteller in Deutschland zuvor Sozialhilfe in Rumänien empfangen habe. Nötig seien auch mehr Integrations-Maßnahmen in den Heimatländern, unterstrich Friedrich - hier sei auch die Europäische Union gefordert.
Probleme mit organisierter Kriminalität und Korruption
Ein Sprecher der EU-Kommission äußerte allerdings Befremden über die Anliegen Friedrichs und anderer EU-Regierungsvertreter. "Kein einziges EU-Land hat uns je Beweise dafür vorgelegt, dass es das Problem eines Sozialleistungs-Tourismus gibt", sagte ein Sprecher von EU-Sozialkommissar László Andor in Brüssel. "Das ist eine Wahrnehmung in einzelnen Ländern, die nicht in der Realität gründet." Friedrich widersprach: "Die Kommission definiert bestimmte Fragestellungen einfach weg. Das Problem existiert, die Gemeinden zeigen uns ihre Zahlen."
Die Innenminister legten bei ihrem Treffen auch die Entscheidung über einen Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens auf Eis. Der Beitritt ist für dieses Jahr vom Tisch, nachdem Deutschland und andere EU-Staaten ernsthafte Bedenken angemeldet hatten. Berlin argumentiert, dass es in den beiden früheren Ostblockländern noch Probleme mit organisierter Kriminalität und Korruption gebe.
Dem europäischen Schengen-Raum der Reisefreiheit gehören derzeit 26 Länder an. Sie haben die systematischen Personenkontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warf der Bundesregierung ein "politisches Veto" gegen den Beitritt Rumäniens und Bulgariens vor. "Man muss die tatsächlichen Voraussetzungen prüfen", sagte Schulz dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Brüssel. Es gelte, die Fortschrittsberichte und die Auswertung der EU-Kommission zu den Ergebnissen des Schengen-Rates abzuwarten. "Erst dann kann ich sagen: Erfüllen sie die Kriterien? Haben sie einen Rechtsanspruch auf einen Beitritt?"