Kirchen würdigen scheidenden Papst Benedikt XVI.

Foto: epd/Cristian Gennari
Papst Benedikt XVI. bei seiner letzten Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz in Rom.
Kirchen würdigen scheidenden Papst Benedikt XVI.
Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben das Wirken von Papst Benedikt XVI. gewürdigt. Das katholische Kirchenoberhaupt scheidet am Donnerstag aus dem Amt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, bezeichnete Benedikt XVI. als großen Theologen und Diener der Kirche. In einer Zeit gesellschaftlicher Umbrüche sei der "der markante Fels in der mitunter stürmischen Brandung des Zeitgeistes" gewesen, sagte der Freiburger Erzbischof am Mittwoch in Rom. In einem Dankgottesdienst für deutsche Pilger in der römischen Kirche Santa Maria di Traspontina zum Ende des Pontifikats nennte er den Papst einen Garanten der Einheit der weltweiten Kirche und entschiedenen Kämpfer für eine "Kultur des Lebens".

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Zollitsch sagte, mit seiner Erinnerung an die christlichen Wurzeln Europas stehe der Benedikt XVI. für den Wert der Tradition: "Nicht als rückwärtsgewandter, wirklichkeitsfremder Nostalgiker. Sondern als Realist, der weiß, wo die wirklich tragenden Wurzeln unseres Lebens und Zusammenlebens liegen." Der deutsche Papst sei mit Ablehnung und Desinteresse, die der Glaube derzeit erfahre, bestens vertraut. Angesichts der Versuche, den Glauben in das Private abzudrängen, habe Benedikt XVI. immer wieder die göttliche Wahrheit verkündet.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, erklärte, Benedikt XVI. habe mehr als sechs Jahrzehnte als Priester und Professor, als Münchner Erzbischof, als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation sowie als Bischof von Rom mit großer Pflichterfüllung und Treue als "einfacher und bescheidener Arbeiter im Weinberg des Herrn" gedient. Dabei sei es Benedikt immer wichtig gewesen, "zuerst auf unseren Herrn Jesus Christus hinzuweisen".

"Besonders dankbar" äußerte sich der EKD-Ratschef über den Besuch des Papstes im Erfurter Augustinerkloster 2011. Dass Benedikt XVI. als erster Papst und Bischof von Rom einen Ort besuchte, an dem Martin Luther gelebt und gewirkt hat, habe die evangelische Kirche als ein großes Zeichen der Wertschätzung empfunden, so Schneider. Dabei habe das Kirchenoberhaupt eindrucksvoll bekannt, dass Martin Luthers existenzielle Frage "Wie kriege ich einen gnädigen Gott?" daran erinnere, "dass die Frage nach Gott auch unsere Frage werden müsse und dass das Mitleben und die Liebe zu Christus unser Leben bestimmen müsse", schrieb Schneider. 

Der oberste Repräsentant des deutschen Protestantismus dankte Benedikt XVI. für "vielfältige Begegnungen" in den vergangenen Jahrzehnten. Als Beispiele nannte er die Mitgliedschaft Joseph Ratzingers im ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen sowie im Kontaktgesprächskreis von EKD und katholischer Deutschen Bischofskonferenz. "Unvergessen ist uns Ihr persönlicher Einsatz für die Gemeinsame Erklärung über die Rechtfertigungslehre, die am 31. Oktober 1999 in Augsburg unterzeichnet werden konnte", ergänzte Schneider.

Der Weltkirchenrat sprach Benedikt XVI. tiefen Dank für seine Beiträge zur Einheit der Christen aus. Die ökumenische Bewegung halte angesichts des Abschieds inne und wünsche dem Papst alles Gute für die Zukunft, erklärte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Olav Fykse Tveit, in Genf. Der Papst habe die katholische Mitwirkung an verschiedenen Veranstaltungen des ÖRK und gemeinsamer Foren unterstützt, erklärte der norwegische Lutheraner Tveit. Der ÖRK umfasst 349 christliche Kirchen mit 560 Millionen Gläubigen, die katholische Kirche ist kein ÖRK-Mitglied.

Der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Landesbischof Friedrich Weber, würdigte den scheidenden Papst als einen stets "intellektuell beeindruckenden Gesprächspartner". Während des achtjährigen Pontifikats habe Benedikt XVI. mehrfach "eindeutig ökumenische Akzente" gesetzt, aber auch für Irritationen gesorgt, sagte der lutherische Ökumenefachmann. Den Verzicht auf das Papstamt bezeichnete Weber als "wohl spektakulärste Entscheidung" in der Amtszeit des katholischen Kirchenoberhauptes. Es zeuge von Größe und Demut, wenn man die eigenen physischen Begrenztheiten so deutlich und letztlich ohne jedes geschichtliche Vorbild artikulieren könne.

Der Papst habe wiederholt Akzente im Miteinander von evangelischer und römisch-katholischer Kirche gesetzt, bilanzierte Weber, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) ist. Als Beispiele nannte er den Deutschlandbesuch des Papstes 2011 und dessen Treffen mit EKD-Vertretern im Erfurter Augustinerkloster. "Erstmals kam es während eines Papstbesuches in Deutschland zu einem ökumenischen Gottesdienst in einer evangelischen Kirche." Allerdings seien die ökumenischen Chancen des Besuches nicht voll genutzt worden. In Erinnerung werde wohl die "unglückliche Äußerung" des Papstes bleiben, dass er kein ökumenisches Gastgeschenk habe mitbringen können.

Der Ökumenebeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Feige, würdigte die Verdienste des scheidenden Papstes und brachte zugleich seine Hoffnung auf Reformen im Vatikan zum Ausdruck. Benedikt XVI. habe sich feinsinnig und intelligent für die Verkündigung des Evangeliums, die Einheit der Kirche und den Dialog mit der Welt eingesetzt, erklärte der Magdeburger Bischof. Auch Benedikt XVI. sei wie andere seiner Vorgänger des 20. Jahrhunderts kein "Kirchenfürst", sondern ein "geistlicher Brückenbauer" gewesen. Es sei zu hoffen, dass das Papstamt im Sinne von Benedikts Entweltlichung "noch mehr von manchem Ballast befreit wird und sich in Rückbesinnung auf das Wesentliche noch deutlicher am biblischen Petrusdienst ausrichtet".

Benedikt XVI. ist der erste Papst der Neuzeit, dessen Amtszeit mit einem Rücktritt endet. Der 85-Jährige gab an, sich nach acht Jahren im Amt den körperlichen Anstrengungen nicht mehr gewachsen zu sehen. Sein Pontifikat endet an diesem Donnerstag um 20 Uhr. Der dann emeritierte Papst wird die kommenden Wochen in der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo in der Nähe von Rom verbringen, bevor er endgültig in ein Kloster im Vatikan geht, um vor der Welt verborgen zu leben. Die deutschen Katholiken begleiten das Ende des Pontifikats am Donnerstagabend mit einem Dankgottesdienst in der Sankt Hedwigs-Kathedrale in Berlin.