TV-Tipp: "Im Alleingang: Elemente des Zweifels" (Sat.1)

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TV-Tipp: "Im Alleingang: Elemente des Zweifels" (Sat.1)
TV-Tipp des Tages: "Im Alleingang: Elemente des Zweifels", 19. Februar, 20.15 Uhr auf Sat.1
Als die Produktionsfirma Magic Flight vor einigen Jahren das Drehbuch zu "Im Alleingang – Die Stunde der Krähen" entwickeln ließ, war das Projekt noch ein Einzelstück. Rasch kristallisierte sich jedoch heraus, welch’ großes Reihenpotenzial die Protagonisten bargen. Hier der skrupellose Star-Jurist, dort seine fähigste Anwältin, mit der ihn zudem ein Verhältnis verbindet, die er aber nach einem Unfall fallen lässt: Die Geschichte der Hauptfiguren war mit einem Film noch lange nicht zu Ende erzählt. Als das Werk dann auch noch mit über vier Millionen Zuschauern ein Publikumserfolg wurde, war der Weg für die Fortsetzung frei.

"Element des Zweifels" ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie groß der Einfluss der Bildgestaltung (Gunnar Fuß) auf die subtile Charakterisierung der Figuren sein kann. Die Heldin, Maria Schwadorf (Stefanie Stappenbeck), sitzt im Rollstuhl, wird aber auch in Dialogszenen nie von oben gezeigt, selbst wenn ihre Gesprächspartner stehen; die Kamera ist immer auf ihrer Augenhöhe. Andererseits zeigt der Film Marias einstigen Chef und Geliebten, Georg Actis (Hannes Jaenicke), gern aus der Untersicht und betont auf diese Weise seine Dominanz; allerdings nie in den gemeinsamen Szenen mit Maria. Auch die Auswahl der Schauplätze hat großen Anteil daran, wie die handelnden Personen präsentiert werden. Das Zusammenspiel von Architektur, Einrichtung und Lichtsetzung beeinflusst ganz wesentlich, wie man die Figuren wahrnimmt.

Ein filmisches Gesamtkunstwerk

All das aber ist Handwerk, das erst durch eine fesselnde Geschichte (das Buch stammt erneut von Hardi Sturm) und ihre Umsetzung (Regie diesmal: Jan Ruzicka) zum filmischen Gesamtkunstwerk wird. Sichtbarsten Anteil daran haben die Schauspieler. Stefanie Stappenbeck gehört ohnehin zu den Darstellerinnen, die in vielfältigsten Rollen immer wieder gleichermaßen glaubwürdig sind. Hannes Jaenicke ist der perfekte Gegenpart. Man spürt förmlich, wie viel Spaß es ihm erneut bereitet hat, ein "intelligentes Arschloch" (seine Worte) zu verkörpern. Trotzdem wirkt der eiskalte Actis diesmal etwas sympathischer als im ersten Film; in den Szenen mit Frau und Tochter bekommt er sogar menschliche Züge.

Beruflich aber zeigt der Jurist keine Schwäche, und das, obwohl ihn der Prozess gegen den Berliner Justizsenator Ertel (Hans-Jochen Wagner) persönlich betrifft. Klägerin ist die junge Kindergärtnerin Vivian (Alice Dwyer), die sich auf ein gewagtes Sexspiel mit dem Politiker eingelassen hat. "Alles kann, nichts muss" ist ihr Motto. Aber der Senator überschreitet die Grenze deutlich. Vivian verklagt ihn wegen Vergewaltigung, und weil sich die Tat in einem Hotelzimmer zugetragen hat, das Actis gebucht hatte, hängt der Anwalt mit drin; außerdem ist Ertel sein Mandant. Gegen seine Prinzipien will Actis Maria als Verteidigerin gewinnen, doch die entscheidet sich, Vivian zu vertreten; und da sie in Actis’ Kanzlei eine gute Schülerin war, zieht sie die frustrierte Frau (Rebecca Immanuel) des früheren Chefs auf ihre Seite.

Scheinbar klischeehafte Figuren haben enorme Tiefe

Angesichts der eigentlich übersichtlichen Gemengelage ist der Film von einer beeindruckenden Komplexität, zumal die scheinbar klischeehaften Figuren eine enorme Tiefe haben. Vivians Vorliebe für Rollenspiele zum Beispiel wird schlüssig erklärt. Weil sie nicht aus ihrer Haut kann, verfällt ihr auch Marias Gehilfe (Roy Peter Link) mit Haut und Haar, was sich vor Gericht prompt rächt; ebenso wie die Tatsache, dass auch Actis mal eine Affäre mit der Klägerin hatte. Jaenicke, ohnehin einer der letzten echten Kerle unter den deutschen Schauspielern, gibt der Arroganz des Anwalts durch seine Attraktivität und seine große physische Präsenz eine stabile Basis, so dass Actis’ Blasiertheit nicht aufgesetzt wirkt. Um so bemerkenswerter, wie es Stefanie Stappenbeck gelingt, dieser Virilität zu trotzen; selbst wenn auch Maria längst nicht mehr so kalt wirkt wie im ersten Film.

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Dank der Figuren, ihrer kongenialen Verkörperung sowie der ausgefeilten Dialoge kann es sich Ruzicka leisten, den Film bildsprachlich fast schon zurückhaltend zu inszenieren. Übrigens entspricht auch die Auswahl der Kostüme der Sorgfalt, mit der diese Produktion gestaltet worden ist. Mit einer Ausnahme: Im Gericht trägt Ertels Frau (Maike Bollow) einen schwarzen Blazer, außerhalb des Gebäudes ist er plötzlich lila.