Migrationsforscher hält Debatte um Herkunft Röslers für hysterisch

Migrationsforscher hält Debatte um Herkunft Röslers für hysterisch
Der Migrationsforscher Klaus J. Bade hält die Debatte um die asiatische Herkunft von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) für "deplatziert und hysterisch".
08.02.2013
epd
Martina Schwager

Sie zeige allerdings, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung noch immer nicht in der Einwanderungsgesellschaft angekommen sei, sagte der Professor und Mitbegründer des Osnabrücker Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Kein Amerikaner würde je einen Gedanken daran verschwenden, ob ein Politiker schräg stehende Augen oder einen anderen Teint hat."

Ein Parteifreund des FDP-Vorsitzenden Rösler, Hessens Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn, hatte in einem Interview gesagt, er frage sich, "ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren". Rösler selbst hat ihn gegen Rassismusvorwürfe in Schutz genommen. Hahn sei über jeden Verdacht erhaben. Andere FDP-Politiker berichteten daraufhin, dass ihnen im Wahlkampf durchaus immer wieder rassistische Äußerungen in Bezug auf den Wirtschaftsminister begegneten. Rösler (39) wurde in Vietnam geboren und als Kleinkind von einem deutschen Ehepaar aus Niedersachsen adoptiert.

Bade betonte, solche Diskussionen schürten unnötig Ängste, die völlig irrational seien. "Warum sollten die Bürger Angst haben vor Zuwanderern, die sich nicht nur erfolgreich integrieren, sondern sich auch noch zur Elite der Gesellschaft zählen?" In Deutschland würden Menschen noch immer eher nach ihrer ethnischen Abstammung als nach ihren Fähigkeiten beurteilt: "Es zählt oft, wie jemand aussieht, und nicht, was er kann." Damit sich das ändere, müsse schon in Kindertagesstätten mit einer interkulturellen Erziehung begonnen werden.

Andererseits sei die Akzeptanz der kulturellen Vielfalt auch in Deutschland eine Frage der Gewöhnung: "Diese Ängste und Ressentiments werden sich auswachsen." Für viele junge Menschen bis 30 Jahre sei kulturelle Vielfalt bereits jetzt Realität. Als Beispiel nannte der in Berlin lebende Bade wieder die USA: "Dort weiß inzwischen jeder, dass die weißen Auswanderer aus Europa Mitte dieses Jahrhunderts nur noch die größte Minderheit sein werden."