Wie die Richter am Mittwoch in Leipzig urteilten, dürfen getrennte Privatschulen für Jungen und Mädchen nicht verboten werden, sofern im Unterricht die Gleichberechtigung der Geschlechter verinnerlicht werde. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts werde voraussichtlich eine "Signalwirkung" für ganz Deutschland haben, hieß es seitens des Gerichts. (BVerwG 6 C 6.12 - Urteil vom 30. Januar 2013)
Mit dem Urteil beendete das Bundesverwaltungsgericht einen seit Jahren andauernden Rechtsstreit um eine geplante Jungenschule in Potsdam. Träger des umstrittenen Gymnasiums ist der Kölner Trägerverein Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft, die der streng konservativen katholischen Vereinigung Opus Dei nahe steht.
Nach Einschätzung des Schulträgers sei es auch an reinen Jungen- oder Mädchen-Schulen möglich, im Rahmen des Unterrichts die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung der Geschlechter zu erlernen. Dies müsse das Bildungsministerium hinnehmen, erklärte das Gericht. Die grundgesetzlich gesicherte Privatschulfreiheit sehe zudem vor, dass sich eine Schule auch für eine "strittige Methode" entscheiden dürfe.
Eine Genehmigung dürfe nur dann versagt werden, wenn die Einschätzung im Widerspruch zu einem "im Wesentlichen gesicherten, in der Fachwelt anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisstand" stünde. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Dem hielt das Land Brandenburg während der Verhandlung entgegen, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht "an der Tafel unterrichtet werden könne", sondern "erlebbar" sein müsse. Brandenburg hatte den Antrag zur Gründung der Privatschule 2007 abgelehnt, weil eine Schule ausschließlich für Jungen nach Auffassung des Bildungsministeriums gegen das Verfassungsgebot der Gleichstellung der Geschlechter und das brandenburgische Schulgesetz verstößt, das nur koedukative Schulen vorsieht. Das Verwaltungsgericht Potsdam und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatten jedoch geurteilt, dass auch monoedukative Schulen grundsätzlich zulässig seien.
Die Fördergemeinschaft begrüßte das Urteil und nannte sie eine "gute Entscheidung für die Freiheit privater Schulen". Eine speziell auf Jungen oder Mädchen ausgerichtete Ausbildung biete für beide die "Chance einer optimalen Förderung", sagte Horst Hennert, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft.
"Eltern müssen selbst entscheiden dürfen, welche Schule die beste für ihre Kinder ist." Der Bau der Schule sei frühestens 2014 beendet, hieß es. Ein Grundstück gebe es aber noch nicht. Das Gymnasium würde zu 80 Prozent staatlich finanziert. 20 Prozent würden durch die Fördergemeinschaft mit Spenden und Schulgeld abgedeckt.
Das Land Brandenburg kündigte derweil an, möglicherweise weitere Schritte zu ergreifen. Rechtsanwalt Thomas Jürgens erklärte, dass das pädagogische Konzept der Schule neu überprüft werde, unabhängig von seiner monodedukativen Ausrichtung. Danach werde entschieden, ob die Schule erlaubt werde oder nicht. Er selbst halte das monoedukative Konzept für "undemokratisch". Ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sei aber für das Land aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Er wäre lediglich der Gegnerseite bei einer Niederlage offen gestanden.
Der Kölner Trägerverein betreibt bereits seit mehr als 40 Jahren ein Mädchen-Gymnasium in Jülich in Nordrhein-Westfalen und will im Berliner Umland nach eigener Aussage zunächst ein Jungen- und später auch ein Mädchen-Gymnasium eröffnen.