Käßmann kontert in Debatte um Luther-Zitate

Käßmann kontert in Debatte um Luther-Zitate
Die Lutherbotschafterin Margot Käßmann hat Vorwürfe des Göttinger Historikers Hartmut Lehmann zurückgewiesen, sie verbreite "Legenden" über den Reformator.

Sie habe den Eindruck, dass Lehmann "gar nicht weiß, was meine Aufgabe als Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland für das Reformationsjubiläum ist", sagte Käßmann der "Leipziger Volkszeitung" (Freitagsausgabe). Niemand wolle neue Legenden verbreiten.

Lehmann hatte Käßmann vorgeworfen, sie würde etwa am historisch zweifelhaften Wittenberger Thesenanschlag vor rund 500 Jahren festhalten. Kritik gab es auch wegen der populären Verbreitung des angeblichen Luther-Wortes "Ich stehe hier, ich kann nicht anders" auf dem Reichstag zu Worms im Jahr 1521.

"Diffuse Ängste vor Lutherlegenden"

Es sei allgemein bekannt, dass der Luther-Satz auf dem Wormser Reichstag eine "Zusammenfassung von Luthers Haltung" ist, betonte Käßmann. Es werde aber deutlich: "Legenden treffen immer auch einen wahren Kern." Martin Luther (1483-1546) habe nun mal mit seinen 95 Thesen und seiner Antwort vor Kaiser und Reich eine nachhaltige Bewegung losgetreten.   

Offensichtlich gebe es "diffuse Ängste vor Lutherlegenden", sagte die EKD-Botschafterin weiter. Auch der Vorwurf, sie würde mit der Verbreitung von zweifelhaften Lutherlegenden die Ökumene belasten, ziele ins Leere. "Das kann ich nicht nachvollziehen." Die EKD und ihre Mitgliedskirchen würden gerade keinen Kult um Luther betreiben, "sondern laden offen ein, das Reformationsjubiläum als gemeinsamen Rückblick, als Frage aber auch nach Gegenwart und Zukunft der reformatorischen Einsichten zu begehen", so Käßmann.

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Der Historiker Lehmann hatte Anfang des Jahres in einem Beitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" die Protestanten aufgerufen, das Reformationsjubiläum 2017 stärker ökumenisch zu gestalten. So dürfe Luther nicht als jemand dargestellt werden, der den Bruch mit der alten Kirche gesucht habe. Das Zerbrechen der Kirche könne die katholische Kirche nicht feiern.

Ferner betonte er, dass Luther mit den 95 Thesen allein eine Fehlentwicklung in seiner Kirche abstellen wollte. Ihm sei es um eine Reform seiner Kirche, "nicht aber um den Bruch mit der Kirche" gegangen. Lehmann war bis 2004 Direktor am Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen. Er ist Autor des Buches "Luthergedächtnis 1817 bis 2017".