"Die Zeit der Ichlinge ist vorbei", sagte sie am Freitag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die evangelische Pastorin und Politikerin war Gastrednerin im niedersächsischen Garrel bei Cloppenburg zum Thema "Christ sein in der Politik".
"Wir brauchen eine neue Debatte um Werte und Verantwortung", betonte die Politikerin. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts seien viele sicher geglaubte Werte mit den Anschlägen des 11. Septembers 2001 in den USA, der Weltwirtschaftkrise oder der Atomkatastrophe von Fukushima ins Wanken geraten. Konrad Adenauer habe noch gesagt "Kinder kriegen die Leute immer". Angesichts des demografischen Wandels könne davon keine Rede mehr sein.
Maßstab für eine christlich verantwortete Politik
Die Politiker seien auf die Unterstützung der Kirchen gerade bei ethisch brisanten Themen angewiesen, sagte Lieberknecht. "Wir stehen in vielfachem Austausch, besonders bei Fragen, die den Beginn und das Ende des Lebens betreffen." Dazu gehörten auch die Diskussionen um die Sterbehilfe oder die Organspende.
"Um eine verantwortungsvolle Politik zu betreiben, braucht es einen festen Standpunkt, ein inneres Koordinatensystem", unterstrich sie. Ihr von Luther geprägtes christliches Menschenbild lasse sich am besten mit Artikel 1 des Grundgesetzes und der Unantastbarkeit der menschlichen Würde übersetzen. "Nur wer einen inneren Standpunkt hat, kann souverän in den Dialog mit Andersdenkenden treten." Dabei müsse das eigene Koordinatensystem immer wieder kritisch hinterfragt werden: "Es könnte auch sein, dass mein Gegenüber recht hat."
Mit Blick auf das Wahljahr 2013 erwarte sie von den Kirchen Prüfsteine für eine faire Politik. "Maßstab für eine christlich verantwortete Politik bleibt der Dreiklang Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung", sagte Lieberknecht. Dieses Motto habe die friedliche Revolution in der ehemaligen DDR erst ermöglicht.