Der Bürgerkrieg in Syrien hat nach den Worten des Religionswissenschaftlers Waseem Haddad zu intensiven Diskussionen zwischen den Religionsgemeinschaften im Land geführt. Durch den Aufstand hätten die verschiedenen Gruppen einander wieder entdeckt, sagte der in Syrien aufgewachsene Wissenschaftler von der Universität Wien am Samstagabend auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Hofgeismar.
"Bisher hat es in Syrien keinen Dialog zwischen den Religionen gegeben", sagte Haddad. Die unterschiedlichen Gruppen hätten bis zum Beginn des Aufstands nebeneinander her gelebt, aber nicht miteinander. Im Westen habe Syrien daher oft als arabisches "Paradies für Religionsfreiheit" gegolten.
Die Kirchenführer in Syrien, wo Christen rund zehn Prozent der Bevölkerung stellten, seien den Protesten am Anfang sehr skeptisch gegenüber gestanden und hätten sich eher hinter Präsident Baschar al Assad gestellt, zu dem sie gute persönliche Beziehungen hätten. Zur derzeitigen, von Gewalt geprägten Lage hätten sie sich noch nicht eindeutig geäußert. Die Christen im Lande seien in der Einschätzung gespalten, es gebe Befürworter und Gegner des Aufstands. "Ein Großteil der Christen aber hat Angst und kann sich noch nicht entscheiden", sagte Haddad.