Alles ist weiß und neu, die Matratzen in den Metallbetten und die Puzzlespiele im Kinderzimmer sind noch in Plastikfolien verpackt. Und so wird es wohl auch lange bleiben: Der neue Gewahrsam für Flüchtlinge im Flughafenasylverfahren in Berlin-Schönefeld ist betriebsbereit. Nur Flüchtlinge gibt es dort keine. Der Neubau bleibt deshalb weiter geschlossen.
###mehr-artikel### Seit 1993 gibt es das Flughafenasylverfahren, bei dem noch vor der Einreise innerhalb kürzester Zeit über einen Asylantrag entschieden werden soll. Seitdem ist es umstritten. Anlass waren die damals hohen Zahlen von Asylbewerbern. Flüchtlingsverbände, Kirchen und andere kritisieren, Asylbewerber hätten dabei keine faire Chance. Das Bundesverfassungsgericht hat es 1996 dennoch für verfassungsgemäß erklärt.
Wer als Flüchtling ohne Pass oder andere Dokumente ankommt oder aus einem sogenannten sicheren Drittstaat einreisen will, fällt laut Asylverfahrensgesetz darunter. Das Bundesamt für Migration muss innerhalb von zwei Tagen über den Asylantrag entscheiden. Dann bleiben noch 17 Tage Zeit für eine gerichtliche Überprüfung, wenn der Antrag abgelehnt wird.
Bis jetzt durften alle bleiben
Fünf Flughäfen wurden vom Bund für das Kurzverfahren ausgewählt: Frankfurt am Main, München, Düsseldorf, Hamburg und Berlin-Schönefeld. Elf Menschen haben im vergangenen Jahr das Asyl-Schnellverfahren im Transitbereich des Flughafens Schönefeld durchlaufen. Alle kamen aus Afghanistan und alle durften nach spätestens acht Tagen auch offiziell nach Deutschland einreisen. 2012 mussten in Schönefeld bislang fünf Menschen in das Flughafenverfahren, auch von ihnen wurde niemand zurückgeschickt.
Brandenburg lehnt das Verfahren ab, muss es aber wegen der bundesrechtlichen Regelungen trotzdem durchführen und auch den Gewahrsam für die möglichen Flüchtlinge auf dem Flughafen Schönefeld betreiben. 1993 sei das Verfahren vielleicht noch sinnvoll gewesen, sagt Innenminister Dietmar Woidke (SPD) dazu. "Aber aus heutiger Sicht ist es nicht mehr akzeptabel."
###mehr-links### Jeder Mensch habe Anspruch auf ein gutes Asylverfahren, betont Woidke am Mittwoch bei einem Besuch der neuen Einrichtung. Dass das in so kurzer Zeit möglich sei, "wage ich zu bezweifeln". Ein weiterer Grund ist das Geld: 144.000 Euro Miete zahlt das Land nun jährlich für den neuen Asylgewahrsam mit 30 Plätzen - viel Geld für wenige Fälle. Es wäre billiger, die Flüchtlinge im Hotel Adlon unterzubringen, heißt es dazu unter der Hand im Ministerium.
Gute Chancen im Bundesrat
Im Juli hat Brandenburg deshalb mit Rheinland-Pfalz eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Verfahrens gestartet, am 6. September steht sie im Innenausschuss des Bundesrats auf der Tagesordnung. Woidke sieht wachsende Chancen für einen Erfolg, auch wenn die Bundesregierung daran festhalten will. Derzeit liefen Gespräche mit verschiedenen SPD- und CDU-geführten Bundesländern, sagt der Minister. "Ich bin da optimistisch." Aus Hamburg gebe es bereits positive Signale.
In Berlin wollen Linke, Grüne und Piraten im Abgeordnetenhaus den Senat auffordern, sich der Initiative anzuschließen. "Ich hoffe sehr, dass Berlin uns unterstützt", sagt Woidke dazu. Auch die evangelische Kirche würde dies begrüßen, betont der kirchliche Länderbeauftragte für Berlin und Brandenburg, Martin Vogel, beim Besuch des neuen Asylgewahrsams in Schönefeld. "Ich hoffe, dass es diesen Ort nicht mehr allzu lange geben muss."