Pflege-TÜV: Nicht alle alten Menschen sind ausreichend versorgt

epd-bild/Werner Krüper
Die größten Probleme haben Heime und Pflegedienste beim Umgang mit Demenzkranken.
Pflege-TÜV: Nicht alle alten Menschen sind ausreichend versorgt
Essen, Trinken, Medikamente, das Wundliegen und der Umgang mit Demenzkranken - hat sich die Pflege in den Heimen und zu Hause in den vergangenen fünf Jahren verbessert? Der 3. Qualitätsbericht der Krankenkassen gibt darauf keine eindeutige Antwort.
24.04.2012
epd
Bettina Markmeyer

Die Pflege in Heimen und zu Hause hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, ist aber nach wie vor nicht überall gut. Vor allem bei der Ernährung und der Flüssigkeitsversorgung sowie beim Umgang mit Demenzkranken gab es Fortschritte, wie der am Dienstag in Berlin vorgestellte dritte Pflege-Qualitätsbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDS) zeigt. In anderen Bereichen gab es jedoch Mängel, etwa der Vermeidung von Druckgeschwüren bei bettlägerigen Patienten und dem sachgerechten Umgang mit Medikamenten.

Die große Mehrzahl der Pflegebedürftigen sei angemessen versorgt, erläuterte MDS-Geschäftsführer Peter Pick. "Akuter Handlungsbedarf" bestehe jedoch bei den schlecht versorgten Patienten. Die Pflegeeinrichtungen müssten hier noch besser werden, insbesondere bei der Vermeidung von Wundliegen, Stürzen oder Ernährungsrisiken.

Nicht genügend Vorbeugung gegen das Wundliegen

In den Pflegeheimen werden 95 Prozent der Bewohner angemessen ernährt, heißt es im Qualitätsbericht. Knapp zwei Drittel benötigen Hilfe beim Essen und Trinken. Jeder fünfte Heimbewohner erhält diese jedoch nicht im erforderlichen Umfang.

Im letzten Pflege-Qualitätsbericht 2007 hatten die Prüfer noch Mängel bei Ernährung und Flüssigkeitsversorgung bei rund jedem dritten Pflegebedürftigen ausgemacht und damit für Diskussionen gesorgt. Allerdings sind die Daten zum nun vorliegenden Bericht nur eingeschränkt vergleichbar, weil diesmal andere Fragen und eine andere Personenstichprobe verwendet wurden. Pick betonte, dass die Verbesserungen dennoch deutlich seien.

Bei der Vermeidung von Druckgeschwüren (Dekubitus) konnten die Prüfer seit 2007 hingegen keine Verbesserung feststellen. Bei knapp 41 Prozent der Heimbewohner mit Dekubitus-Risiko wird nicht ausreichend vorgebeugt, heißt es im Bericht. Im ambulanten Bereich ist dies etwa ein Drittel. Bei jedem vierten Heimbewohner mit Druckgeschwüren und anderen Wunden wurden außerdem Standards wie Hygienevorschriften oder Anweisungen des Arztes zur Versorgung nicht eingehalten.

Beim Umgang mit Demenzkranken bewerteten die Prüfer positiv, dass knapp drei Viertel angemessene Angebote etwa zur Bewegung und Kommunikation erhielten. Bei knapp einem Viertel wiederum seien die Pflegeeinrichtungen nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Demenzerkrankten eingestellt. Bei der ambulanten Versorgung sei der Umgang mit Menschen mit Demenz sogar schlechter geworden, so würden etwa wichtige persönliche Informationen nicht genügend erfasst.

Jeder fünfte Heimbewohner wird in seiner Freiheit eingeschränkt

Als nicht ausreichend bezeichneten die Prüfer auch den Umgang mit Schmerzen: Immerhin sechs Prozent erhielten ihre Schmerzmedikamente nicht wie verordnet. Rund 20 Prozent der Heimbewohner seien überdies in ihrer Freiheit eingeschränkt, etwa durch Bettgitter oder Befestigungen an Rollstühlen. Dabei seien solche Maßnahmen oft einfach zu umgehen, erklärte Jürgen Brüggemann vom MDS. So könnten zum Beispiel niedrige Betten die Sturzgefahr genauso gut verringern.

Gernot Kiefer, Vorstand des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung, forderte angesichts des Handlungsbedarfs in der Pflege eine schnelle Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Am Donnerstag berät der Bundestag erstmals über die Pflegereform, die Verbesserungen für Demenzkranke vorsieht. Kiefer rief das Parlament auf zu prüfen, ob die geplanten Leistungsverbesserungen für Demenzkranke nicht auch schon vor 2013 eingeführt werden können.

Der Pflege-Qualitätsbericht untersucht den Pflegezustand von 107.000 Heimbewohnern und ambulant betreuten Pflegebedürftigen aus knapp 16.000 Pflegeeinrichtungen. Von den Pflegeheimbewohnern litten knapp 61 Prozent unter Demenz und ähnlichen Einschränkungen, 31 Prozent an chronischen Schmerzen. Knapp zwei Drittel benötigen eine Versorgung wegen Inkontinenz. Rund neun Prozent wiesen einen bedeutenden Gewichtsverlust auf.