Kinderzeitschriften, Kindermagazine, Kindersendungen, Kinderseiten: Die Medien buhlen um die Gunst des jungen Publikums und haben die Jüngsten als lohnende Zielgruppe ausgemacht. Immer mehr Angebote und Formate kommen auf den Markt oder werden wegen veränderter Lebenswelten an die Zielgruppe angepasst. So erscheint am 4. September das neu gestaltete Angebot von KiRaKa (Kinderradiokanal).
Der WDR bündelt damit seine Kinderradios unter einer Dachmarke: Die bisherigen Kinderwellen laufen dann insgesamt mit täglich 16 Stunden bei WDR 5 und digital auf dem Kinderradiokanal sowie im Livestream über die Online-Plattform. Außerdem baut der WDR das On-Demand-Angebot für junge Hörer aus. Kinder sollen zudem stärker am Programm beteiligt werden. "Es gibt inzwischen auch an Grundschulen Radio-AGs, die interessante und authentische Beiträge erstellen", sagt Uwe-Jens Lindner vom WDR.
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Ferner verändert sich die Mediennutzung bei den Kindern. Viele Mädchen und Jungen sind nachmittags noch im Kindergarten oder in der Schule. "Mit dem Sendeplatz um 14.05 Uhr werden sie nicht in dem Maße erreicht wie früher. Ganztags- und Betreuungsangebote gehen in der Regel bis 16 Uhr", so Lindner. Außerdem gehen Kinder inzwischen selbstverständlich mit dem Internet und seinen Möglichkeiten um. Laut einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts "iconkids & youth" surften im vergangenen Jahr 13 Prozent der Acht- bis Neunjährigen und sogar 23 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen täglich im Netz.
Zeitungen brauchen Kinder
Auch Tageszeitungen haben die Zielgruppe Kinder im Fokus. "Kinder sind extrem wichtig für die Zeitung, wenn es um die Zukunft des Mediums geht. Dass Zeitungen Leser-Nachwuchsprobleme haben, ist allseits bekannt", sagt Medienberaterin Kerstin Goldbeck. Die Expertin für junge Zielgruppen weiß: "Für Verlage ist es überlebenswichtig, sich zu überlegen, wie sie ihre Marke und ihr Medium schon bei den Jüngsten platzieren. In der Realität wird das leider noch nicht in jedem Haus so erkannt." Dort, wo man sich intensiv mit der Zielgruppe Kinder beschäftigt, gibt es neben den Variationen von "Zeitung in der Schule" auch Leseförderinitiativen in Kindergärten, Kinderfeste wie etwa bei der Mittelbayerischen Zeitung oder Events wie Kinder-Pressekonferenzen bei der Heilbronner Stimme.
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Ein neues Projekt hat die Verlagsgruppe Rhein-Main aufgelegt: Die Kinderzeitung. "Kruschel – Deine Zeitung" erscheint seit Mai als wöchentliches kostenpflichtiges Abo und kann unabhängig von der Tageszeitung bestellt werden. "Das ist unterhaltsame Leseförderung und kreatives Marketing für Kinder und junge Familien", lobt Kerstin Goldbeck. Innovationen sind auf dem Tageszeitungsmarkt dringend notwendig: Weniger als die Hälfte aller Kinder wächst heute noch in Haushalten mit Zeitungsabo auf. "Medienhäuser müssen sich auf ihr Kapital konzentrieren – Wissen verbreiten – und über digitale Wege in Kinderzimmer und Elternhaushalte nachdenken, sei es in Form von Lern-Apps oder sicheren Webseiten", sagt die Medienberaterin.
Kinder wünschen sich Kindernachrichten
Goldbeck rät den Verlagen ihr Kinder- und Jugendengagement stärker zu systematisieren. Goldbeck: "Etwa mit fachübergreifenden Innovationsteams, die Raum haben, neue Produkte zu entwickeln und junge Zielgruppen bei der Produktentwicklung direkt einzubeziehen." Denn: Kinder wollen mitmachen und sie wollen mitreden. Sie interessieren sich für politische Themen, wollen verstehen warum es Krieg, Hunger und Umweltkatastrophen gibt. Medienmacher, die glauben, Kinder mit Witzen, Rätseln und weichgespülten Geschichten allein zu begeistern, verkennen die Realität. "Kinder bekommen die medialen Ereignisse mit und sie machen sich Gedanken und Sorgen. Ihnen fehlen aber oft die grundlegendsten Informationen zu diesen Ereignissen und deshalb sind sie leicht zu verunsichern."
"Daher ist es wichtig, ihnen diese Informationen auf angemessene Weise zur Verfügung zu stellen", so Dr. Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI). Das bedeutet eine große Verantwortung für die Macher von Kindernachrichten. "Kinder stellen völlig andere Fragen als Erwachsene", sagt Maya Götz. In den Medienangeboten für Erwachsene bleiben Kinderfragen unbeantwortet, weil niemand sie stellt. "Daher ist es auch nicht optimal, wenn Kinder die Tagesschau sehen. 90 Prozent der Kinder wünschen sich Kindernachrichten", so Maya Götz. Solche wie sie der WDR oder die "Kruschel"-Macher bieten.
Auch Politik kann erklärt werden
Sie wünschen sich außerdem Erklärungen aus Kinderperspektive, wie sie beispielsweise die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit ihrem Projekt HanisauLand.de aufbereitet. In diesen Tagen feiert das Land der Hasen, Nilpferde und Wildsauen sein 10-jähriges Bestehen. "Wir wollen Spaß mit Information verbinden und Kindern zwischen 8 und 14 Jahren auf unterhaltsame Weise darstellen, was demokratisches Zusammenleben in unserer Gesellschaft bedeutet und wie es funktioniert", erklärt Sabine Berthold. Sie ist für die Idee und das Konzept von HanisauLand.de verantwortlich. Die Seite will Kinder für Politik interessieren.
"Dabei steht nicht das Lernen oder eine pädagogische Herangehensweise im Mittelpunkt, sondern das spielerische Entdecken", so Berthold. Die Website bietet etwa ein Lexikon, das zusammen mit Kindern entwickelt wird. Bisher werden mehr als 800 politische Begriffe erklärt – von Armut über Schuldenbremse bis Zentralismus. "Kinder können Begriffe für das Lexikon vorschlagen und Fragen zu den Artikeln stellen. Diese werden von der Redaktion innerhalb von zwei Tagen beantwortet", so Sabine Berthold. Die Nachfrage ist so groß, dass die Redaktion die Anzahl der Fragen aus Kapazitätsgründen auf 50 pro Tag begrenzen musste.
Fazit: Um erfolgreiche Kindermedien zu produzieren, müssen die Kindermedienmacher die Zielgruppe und deren Bedürfnisse kennen. Und der Blick auf die Qualitätsprodukte zeigt, egal auf welchem Kanal, ohne Partizipation und Interaktion keine Quote.