Diskussion um Beschneidung hält an

Diskussion um Beschneidung hält an
In der Debatte um eine gesetzliche Neuregelung der Beschneidung werden immer mehr Stimmen laut, die vor einer voreiligen Entscheidung warnen. Vor allem Mediziner treten dafür ein, im Sinne des Wohls von Kindern zu handeln.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, hat in der Debatte um eine gesetzliche Neuregelung der Beschneidung zur Sorgfalt gemahnt. Sie halte Schnelligkeit in diesem Fall für "verfehlt", sagte die Medizinerin dem Münchner Nachrichtenmagazin "Focus". Das Thema sei außerordentlich schwierig. Diese Debatte schließe "natürlich die verschiedenen Glaubensgemeinschaften in Deutschland ein", so Woopen. Der Ethikrat werde das Thema im August öffentlich diskutieren.

Volker von Loewenich, Sprecher der Ethik-Kommission der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", jeder Erwachsene könne sich aus freien Stücken beschneiden lassen, aber bei Kindern werde die Fürsorgepflicht der Eltern verletzt. Loewenich: "Die Beschneidung ist eine Körperverletzung, da kommt niemand dran vorbei." 

Die Akademie für Jugendmedizin hatte in einer im Juli veröffentlichten Stellungnahme an die Politiker appelliert, "eine Entscheidung zwar unter Berücksichtigung verletzlicher religiöser Überzeugungen aber dennoch in erster Linie unter dem Aspekt des Wohles unserer jüngsten und wehrlosesten Mitmenschen zu erarbeiten und dabei jeden eventuellen politischen Opportunismus zu vermeiden". Die Akademie ist der Dachverband der kinder- und jugendmedizinischen Verbände Deutschlands.

Özdemir gegen Altersgrenze bei religiös begründeten Beschneidungen

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir wandte sich gegen eine Altersgrenze bei religiös begründeten Beschneidungen. "Für die Juden, die die Beschneidung kurz nach der Geburt durchführen lassen, wäre eine Altersgrenze katastrophal", sagte Özdemir der "Welt am Sonntag". Juden "könnten damit in Deutschland de facto ihre Religion nicht mehr ausüben. Das kann niemand ernsthaft wollen".

Damit wendet sich Özdemir gegen Forderungen, Beschneidungen erst bei religionsmündigen Jugendlichen zuzulassen. Eine Strafbarkeit der Kleinkinder-Beschneidung würde die Eltern in die Illegalität oder ins Ausland treiben, gab Özdemir zu denken. Strafbarkeit, so Özdemir, würde dazu führen, dass Eltern das Ritual "im Ausland oder in der Illegalität durch Quacksalber durchführen lassen", wodurch man "die Kinder gefährden" und "die Eltern auch noch kriminalisieren" würde.

In Baden-Württemberg bleibt die religiöse Beschneidung vorerst straffrei

Der Bundestag hatte Mitte Juli mit großer Mehrheit eine Resolution zur Erlaubnis religiöser Beschneidungen verabschiedet. In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Herbst einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Das Parlament reagierte damit auf ein Urteil des Kölner Landgerichts, das die Beschneidung minderjähriger Jungen als Körperverletzung gewertet hatte.

In Baden-Württemberg bleibt die religiöse Beschneidung von Jungen nach Auskunft der dortigen Generalstaatsanwaltschaften vorerst straffrei, wenn sie medizinisch korrekt ausgeführt wird. "Wir werden bei derartigen Beschneidungen auch weiterhin in Württemberg nicht ermitteln und warten die bereits angekündigte gesetzliche Regelung ab", sagte der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger der Zeitung "Sonntag Aktuell". Auch die für Baden zuständige Karlsruher Generalstaatsanwaltschaft verfolgt diese Linie.