Nach Bekanntwerden des Skandals an der Uniklinik Göttingen hat Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die Notwendigkeit zur Organspende betont. Er appelliere an die Bürger, aus den Vorwürfen keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, sagte Bahr der in Berlin erscheinenden "Welt am Sonntag". "Die Organspende rettet Leben", betonte er.
Zugleich forderte der Minister aber "bessere Verfahrensregeln" bei Organtransplantationen. Ärztevertreter und die Vermittungsstelle Eurotransplant schlugen schärfere Kontrollen vor. "Es ist gut, dass die zuständige Staatsanwaltschaft den Vorwürfen nachgeht", sagte Bahr. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, reichten allerdings Konsequenzen für die Verantwortlichen nicht aus.
Für stichprobenartige Kontrollen
Der Präsident von Eurotransplant, Bruno Meiser, sprach sich für stichprobenartige Kontrollen an den Transplantationszentren aus. "Jedes postmortal gespendete Organ ist einmalig, ein Akt der Nächstenliebe über den Tod des Spenders hinaus", sagte der Medizinprofessor der "Welt am Sonntag": "Mit diesem kostbaren Gut müssen wir nach höchsten ethischen Grundsätzen umgehen."
Die Arbeit von Eurotransplant sei zwar transparent, alle Patientendaten würden gespeichert, sagte der Chef der für Deutschland zuständigen Vermittlungsstelle für Organspenden. Doch wenn diese Daten "gefälscht übermittelt" würden, sei "auch Eurotransplant hilflos".
Am Uni-Klinikum in Göttingen wurden in den vergangenen zwei Jahren offenbar in großem Stil Krankenakten gefälscht, damit bestimmte Patienten auf der Warteliste für eine Lebertransplantation nach oben rücken. So wurden sie beispielsweise durch angeblich schlechte Laborwerte kränker gemacht als sie waren. Gegen den mutmaßlich verantwortlichen Oberarzt ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Bestechlichkeit. Es soll sich um ein Netzwerk von Tätern handeln.