"Wir wollen zeigen, dass Rom ein guter Ort ist, um evangelisch zu sein", sagt Pfarrer Jens-Martin Kruse von der Evangelisch-lutherischen Christuskirche in Rom. An diesem Sonntag überträgt das ZDF einen Fernsehgottesdienst aus der Christuskirche, die sich dabei als lebendigen Ort der Ökumene präsentieren möchte. Der Gottesdienst steht unter der Überschrift "Glauben leben - Evangelisch in Rom".
In Rom werden Lutheraner nicht selten gefragt, ob sie überhaupt Christen seien. Dabei pflegt die Gemeinde deutschsprachiger evangelischer Christen einen regen Austausch mit der katholischen und den zahlreichen anderen Kirchen in der italienischen Hauptstadt.
Acht Jahre nach Fertigstellung eingeweiht
Ursprünglich versammelte sich die 1817 gegründete evangelische Gemeinde in einer Hauskapelle der Preußischen Gesandtschaft auf dem römischen Kapitolshügel zum Gottesdienst. Die Christuskirche liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Deutschen Archäologischen Institut und zur Via Veneto. Verzögert durch Kriegswirren wurde sie 1922, erst acht Jahre nach ihrer Fertigstellung, eingeweiht. Der Kirchenraum nach den Plänen des Architekten Franz Schwechten ist spätwilhelminisch gehalten. Der hochragende Turm erhielt eine Kopie des Geläuts der Schlosskirche von Wittenberg.
Heute zählt die Gemeinde rund 300 überwiegend deutschsprachige Mitglieder, die sich aus beruflichen oder familiären Gründen oder zum Studium in Rom aufhalten. Als erstes Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche besuchte Johannes Paul II. 1983 mit der Christuskirche ein protestantisches Gotteshaus.
Sein Nachfolger, Papst Benedikt XVI., predigte vor zwei Jahren während eines Gottesdienstes in der Christuskirche. Bereits 1998 hatte Joseph Ratzinger als Präfekt der römischen Glaubenskongregation mit dem damaligen Berliner Bischof Wolfgang Huber am selben Ort über den Stand des evangelisch-katholischen Miteinanders debattiert.
In einer katholisch geprägten Großstadt erlebt die Gemeinde nach Erfahrung von Pfarrer Kruse dennoch kein Schattendasein. Ökumenische Kontakte zu Kirchen anderer Konfession allein im gleichen Stadtviertel stärken dem Theologen zufolge das eigene Profil. Die Tatsache, dass deutsche Gemeindemitglieder mit Italienern verheiratet sind, sorgt für zusätzliche Ökumene-Erfahrungen bis in die Familien hinein.
Die Kirchenglocken kommen aus dem thüringischen Apolda
Seit zwei Jahren läuten über der Christuskirche wieder die nach Wittenberger Vorbild 1913 im thüringischen Apolda gegossenen Glocken zum Gottesdienst. Der stählerne Glockenstuhl war zuvor in mehrjährigen Bauarbeiten durch einen hölzernen ersetzt worden. Im März 2010 wurde das lutherische Geläut vom sächsischen Landesbischof Jochen Bohl neu eingeweiht.
Bohl wies bei dieser Gelegenheit auf die Bedeutung des evangelischen Geläuts im katholischen Rom hin. Die Christus-, die Luther- und die Wittenbergglocke stünden in der Papststadt für das "Eigene unser Konfession". Sie erinnerten an die "Standfestigkeit des Reformators, die aus seinem Glauben - und nur aus Glauben - kam". Die Taufglocke künde von dem Ort, an dem die Reformation ihren Ausgang nahm und von der Beteiligung aller Gemeindemitglieder am Auftrag der Kirche.