Das 6. Bundesgericht in Buenos Aires erklärte den 86-jährigen Videla am Donnerstag (Ortszeit) zum Hautschuldigen für den systematischen Raub von Kindern politischer Gefangener während der Militärherrschaft (1976-1983). Sechs mitangeklagte ehemalige Militärs erhielten Strafen zwischen 40 und zehn Jahren Gefängnis.
Ein Adoptivelternpaar wurde zu 15 und fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Dagegen wurden ein früherer Admiral und ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter freigesprochen. Beim Strafmaß für den ehemaligen Diktator Reynaldo Bignone (84) blieb das Gericht mit 15 Jahren unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Haftstrafe von 50 Jahren.
In dem Prozess wurden exemplarisch 35 Fälle von Kindesraub verhandelt. Sie sollten zeigen, dass den Verbrechen ein systematischer Plan zur illegalen Aneignung der Neugeborenen zugrunde lag. Die Fälle ereigneten sich in neun geheimen Gefangenenlagern. Wichtigstes Indiz für Gerichtsverfahren waren die eigens für die Geburten in einigen Lagern eingerichteten geheimen Entbindungsstationen. 26 der in Haft geborenen Kinder fanden später ihre wahre Identität heraus, davon sagten 20 während des Verfahrens als Zeugen aus.
Die Menschenrechtsorganisation "Großmütter der Plaza de Mayo" schätzt, dass rund 500 Säuglinge ihren Müttern in Folterzentren weggenommen und heimlich Adoptiveltern übergeben wurden. Die inhaftierten Frauen wurden in der Regel ermordet. Viele zählen zu den Verschwundenen der Diktatur, da ihr Schicksal bis heute unklar blieb. Durch intensive Suche machten die "Großmütter von der Plaza de Mayo" bisher über 100 geraubte Enkelkinder ausfindig.