Studien zeigten, dass in vielen Ländern zunehmende soziale Ungleichheit zu immer größeren Problemen führe, etwa in punkto Kriminalität, sagte Meireis. "Da entsteht ein Druck, der zu positiven Veränderungen führen könnte."
Auch das deutsche Hilfesystem zementiere nach den Reformen der Sozialgesetzgebung Notlagen von Menschen. "Es unterstellt fälschlicherweise: Wer will, kann sich selbst erhalten", sagte der deutsche Wissenschaftler am Rande einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum über die gesellschaftlichen Folgen von Hartz IV. Immer mehr Menschen könnten aber ihren Lebensunterhalt aufgrund von Teilzeitarbeit oder zu niedrigen Löhnen nicht sichern. "Strukturelle Probleme werden so den Einzelnen aufgebürdet - das aber ist ungerecht."
Hinzu komme, dass der Staat aus eigener finanzieller Not Aufgaben delegiere, kritisiert Meireis: "Das staatlich organisierte Hilfesystem ächzt unter der finanziellen Belastung und setzt dann auf die Barmherzigkeit." Aus Sicht der Christen seien Sozialkaufhäuser und Tafeln Hilfestellungen, die sich aus dem christlichen Auftrag ergäben, den Schwachen beizustehen. Aber diese Leistungen seien freiwillig und somit unsicher: "So kann man doch einen Staat nicht organisieren. Das Recht auf Unterstützung ist ein hohes Gut, dass nicht aufgegeben werden darf."
Eine Lösung könnte nach Ansicht des Theologen eine Kombination aus einem Grundeinkommen und einer zusätzlichen Absicherung für individuelle Notlagen sein. Das Grundeinkommen von etwa 500 Euro könnte durch eine höhere Besteuerung der gut Verdienenden finanziert werden. Zudem müsse es Mechanismen gegen extrem fallende Löhne geben - entweder über das Tarifsystem oder über staatlich festgesetzte Mindestlöhne.