"Wir sind davon überzeugt, dass die Grundlagen reformatorischer Theologie uns Brüche und Versagen vor Augen führen und zugleich Trost und Kraft im Leben wie im Sterben sind", sagte die Bundestagsvizepräsidentin und Synoden-Präses in ihrem Bericht.
Die Beschäftigung der Synode mit dem kirchlichen Jubiläum sei nicht museal rückwärtsgewandt, sondern Ausgangspunkt für die Gegenwart und Zukunft. Sie erhoffe sich davon einen Schub für die zweite Halbzeit der Lutherdekade, sagte Göring-Eckardt. Das am diesjährigen Reformationstag eröffnete Themenjahr "Reformation und Toleranz" biete Gelegenheit, "einerseits selbstkritisch auf unsere Geschichte zu blicken, andererseits aber unser heutiges Engagement gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit fortzusetzen und zu profilieren".
Seit der Aufdeckung der NSU-Mordserie im November 2011 habe die Gesellschaft verstanden, dass der neue Rechtsextremismus mit seinen kriminellen Auswüchsen keinesfalls bagatellisiert werden dürfe. "Wir sind erschüttert über das Versagen der Behörden und sind als evangelische Christen umso mehr gefordert, Nächstenliebe und Fremdenfreundlichkeit im gesellschaftlichen Diskurs sowohl einzufordern als auch selbst vorzuleben", sagte die Synodenpräses. Die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt bat die Mitglieder des Kirchenparlaments, in einer Schweigeminute der Opfer und Hinterbliebenen des NSU-Terrors zu gedenken.
Göring-Eckardt begrüßt die Nominierung von "Pussy Riot"
In einer persönlichen Stellungnahme begrüßte die Präses die Nominierung der Band "Pussy Riot" für den Preis "Das unerschrockene Wort" der deutschen Lutherstädte. Der Satz von Band-Mitglied Nadja Tolokonnikowa "Das Christentum, so wie ich es verstehe, unterstützt die Suche nach der Wahrheit" gehöre zu den "starken Sätzen", die auf dem Weg zum Reformationsjubiläum gesucht werden, sagte Göring-Eckardt. Zuvor hatten bereits der Berliner Bischof Markus Dröge und die Luther-Botschafterin Margot Käßmann die Nominierung der russischen Frauenband für den Zivilcourage-Preis begrüßt.
Die Nominierung von "Pussy Riot" für den Preis der Lutherstädte ist umstritten. Wegen Rowdytums aus religiösem Hass waren zwei Bandmitglieder in einem international beachteten Strafverfahren in Moskau zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe gegen eine dritte Mitangeklagte wurde in der Berufungsverhandlung zur Bewährung ausgesetzt. Die Frauen hatten im Februar mit Sturmmasken vermummt den allein Priestern vorbehaltenen Bereich der Moskauer Erlöser-Kathedrale gestürmt und die Gottesmutter Maria in einem "Punkgebet" unter anderem dazu aufgerufen, Putin zu verjagen.