In dem bereits am 19. April entschiedenen, aber jetzt erst veröffentlichten Rechtsstreit ging es um die fristlose Kündigung einer Grundschullehrerin durch das Land Sachsen-Anhalt. Eltern hatten 2009 der Pädagogin vorgeworfen, zwei Kindern Tesafilm auf den Mund geklebt zu haben. Grund: Die Erstklässler sollen den Unterricht gestört haben. Bei einer Schulpsychologin bestätigten die Kinder den Vorfall. Das Land kündigte daraufhin der Lehrerin fristlos. "Körperliche Züchtigungen" von Kindern seien als Erziehungsmaßnahme verboten.
Derartige Disziplinierungen stellen einen massiven Verstoß arbeitsvertraglicher Pflichten eines Lehrers dar, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil entschied (AZ: 2 AZR 156/11).
Die Lehrerin bestritt die Vorwürfe. Als ein Schüler unruhig wurde, habe sie ihm gesagt, dass auf seinen Mund wohl ein Tesafilm gehöre. Als der Erstklässler dies bejahte, habe sie ihm "im Scherz" einen Streifen auf die Wange geklebt. Ein weiterer Schüler habe dann ebenfalls einen Tesafilmstreifen auf seine Wange gewollt. Beide Schüler hätten gelacht.
Ob die Kündigung wirksam und sozial gerechtfertigt ist, ist nach der Entscheidung des BAG allerdings noch offen. Denn die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, habe nicht ausreichend geklärt, ob die Lehrerin den Tesafilmstreifen zur Disziplinierung auf die Schülermünder geklebt hat. Sei dies der Fall, bestehe ein ausreichender Grund für eine fristlose Entlassung. Allerdings habe die Lehrerin überzeugend vorgetragen, dass sie den Tesafilm nur auf die Wange geklebt hatte. Treffe dies zu, sei die Kündigung nicht gerechtfertigt. Dies muss nun das Landesarbeitsgericht prüfen.