Dialog nach Funkstille: EKD-Chef trifft Islamvertreter

Foto: epd-bild/Stefan Arend
Spitzenvertreter des Koordinationsrates der Muslime und der Evangelischen Kirche in Deutschland am Donnerstag in der Duisburger Merkez-Moschee.
Dialog nach Funkstille: EKD-Chef trifft Islamvertreter
Streit belastete das Gespräch zwischen evangelischer Kirche und muslimischen Verbänden. Die einen fühlten sich einer oberlehrerhaften Kirche ausgesetzt, die anderen wähnten sich ständig beleidigten Muslimen gegenüber. Am Donnerstag nahmen sie einen neuen Anlauf. Beide Seiten wollen nun zu einem regelmäßigen Dialog auf Spitzenebene zurückkehren.

Immer wieder gab es Vorwürfe und Streit. Es ging um Moscheebauten oder die Verfassungstreue von Muslimen. Dann herrschte Funkstille. Bis jetzt. Erstmals seit knapp vier Jahren kam es am Donnerstag zu einem Spitzentreffen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit Islamvertretern. Der EKD-Ratsvorsitzende und rheinische Präses Nikolaus Schneider traf in der Duisburger Merkez-Moschee führende Mitglieder des Koordinationsrates der Muslime (KMR).

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Dabei vereinbarten beide Seiten nicht nur, eine feste Dialogstruktur zu schaffen, sondern auch, sich künftig zu wichtigen Fragen gemeinsam zu äußern. Dabei könne es um Krisen und "schlimme Ereignisse", aber auch um Themen wie soziale Gerechtigkeit oder Umwelt- und Klimaschutz gehen, sagte Schneider. "Wir wollen eine verbindliche Struktur auf Spitzen- und Arbeitsebene etablieren und in der Lage sein, künftig gemeinsam öffentlich zu reden und aufzutreten."

Das Gespräch mit den Vertretern der Islamverbände in der Duisburger Merkez-Moschee habe "auf Augenhöhe und von Respekt geprägt" stattgefunden, erläuterte der Präses. Auch "kitzlige Fragen" wie der Umgang mit dem Salafismus seien nicht ausgespart worden. Hier seien sich beide Seiten einig gewesen, dass gewalttätige Übergriffe nicht geduldet werden dürften.

Neuanfang "auf Augenhöhe"

Der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Ali Kizilkaya, hofft nach dem Gespräch mit der EKD-Delegation in "herzlicher Atmosphäre" auf einen "Neuanfang für eine bessere Zusammenarbeit mit intensivem Austausch und Dialog". Der "respektvolle Umgang auf Augenhöhe" sei auch ein wichtiger Impuls für die Integration der Muslime und das Zusammenleben in Deutschland.

Laut dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime (ZDM), Aiman Mazyek, ist ein gemeinsamer "Knigge" geplant, der Christen und Muslimen den Umgang miteinander erleichtern soll. Zum G-20-Gipfel 2015 in Deutschland solle es eine Konferenz für Religionsvertreter aus aller Welt geben, zu der auch die EKD und die Islamverbände mit einladen wollen.

Vor dem evangelisch-islamischen Treffen hatte auf Spitzenebene zumindest öffentlich lange Funkstille geherrscht: Zuletzt gab es vor knapp vier Jahren in Berlin einen Austausch zwischen der EKD und den Islamverbänden. Damals ging es unter anderem um das EKD-Papier "Klarheit und gute Nachbarschaft" zum christlich-islamischen Dialog aus dem Jahr 2006, in dem die Kirche den Muslimen ein Bekenntnis zum Grundgesetz einschließlich der Gleichheit der Frau und der Religionsfreiheit abverlangte. Angriffe auf den damaligen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber waren die Folge.

Moscheebau und Machtansprüche

Weiter angefacht wurde der Konflikt 2007, als Huber von einer "großangelegten Moscheebau-Initiative" sprach und dahinter "weitergehende Machtansprüche" vermutete. Die Kirche schärfe ihr Profil polemisch am Islam, konterte daraufhin die Gegenseite. Im Oktober 2008 gab es ein letztes Spitzentreffen, eine Folgebegegnung scheiterte wegen mehrerer Wechsel an der EKD-Spitze. Die Einladung ging nun turnusgemäß von muslimischer Seite aus, zuvor hatte EKD-Chef Schneider auf informeller Ebene Kontakt zu den Islamvertretern gesucht.

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Jetzt wollen beide Seiten nach vorne schauen. Die Spitzenvertreter von EKD und Koordinationsrat kommen am 25. Juni 2013 in Berlin erneut zusammen. Bis dahin sollen Arbeitsgruppen vielen Sachthemen erörtern.

Vor dem Treffen hatte der Berliner Islamwissenschaftler Ralph Ghadban in einem epd-Gespräch von der EKD gefordert, sie müsse bei den Muslimen auf eine Klärung der theologischen Probleme in ihrer Religion dringen. "Die Haltung des Koordinationsrates im Blick auf die Salafisten ist fragwürdig", sagte Ghadban. Fragen der Gewaltanwendung und die radikale Koranauslegung würden innerhalb des Koordinationsrates ausgeklammert. Darüber hinaus kritisierte Ghadban einen fehlenden Respekt der Muslime vor anderen Religionen.

An dem Duisburger Treffen nahmen auch EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte und die Chefs der vier großen Islamverbände Türkisch-Islamische Union (DITIB), Islamrat, Zentralrat der Muslime und Verband der Islamischen Kulturzentren teil. Sie hatten sich 2007 im Koordinationsrat zusammengeschlossen und repräsentieren gemeinsam die große Mehrzahl der rund 2.500 Moscheevereine in Deutschland.