Die Taufe ist für Exil-Iraner wie ein neues Leben

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Die Taufe ist für Exil-Iraner wie ein neues Leben
Seit ein paar Jahren hat eine evangelische Gemeinde in Deutschland regen Zulauf: Die iranische Gemeinde. Ihre Mitglieder wohnen im gesamten Bundesgebiet, der zuständige Seelsorger sitzt in Hannover. Fast jeden Monat gibt es Taufgottesdienste. Für die neuen Mitglieder endet damit häufig eine Zeit der Unterdrückung und es ist für sie ein Neubeginn. Im islamischen Regime werden Nichtmuslime, unter ihnen aus Christen bedroht und verfolgt.

"Es ist, als wenn ich ein neues Leben bekommen hätte", erzählt Matthias. Vor sieben Monaten wurde der Mann aus Teheran getauft. Damals nahm er einen neuen Namen an. Der, den ihm seine Eltern zur Geburt gaben, sei zwar sehr schön, aber arabischen Ursprungs und die Araber hätten vor langer Zeit mit Gewalt die Perser gezwungen den Islam anzunehmen. Mit seiner Taufe habe sich seine Sicht auf das Leben verändert. "Ich fühle mich leichter. Ich bin Gott sehr dankbar, dass ich hier leben darf", betont Matthias. Außerdem sei er ruhiger und gelassener geworden.

Die Iraner wollen praktische Tipps

"Viele der Iraner bringen einen festen Glauben mit", sagt Pastor Hans-Jürgen Kutzner. Deutschlandweit ist er zuständig für die persischen Christen. In seinem Büro hängt ein Glaubensbekenntnis in persischer Schrift, ein Perser-Teppich liegt auf dem Boden. So manches Gemeindemitglied nennt ihn "Vater". Anfangs habe ihn dies ratlos gemacht. Nach wie vor seien die allermeisten 25 bis 45 Jahre alt und so mancher "brauche wirklich einen Papa – das ist mir auch gesagt worden". Die meiste wollen gerne ganz praktische Tipps von ihm, beispielsweise wie halte ich meine Hände beim Gebet, erzählt Kutzner. "Sie wollen keine neue oder andere Spiritualität, fromm sind sie selber." Gott hat sie eigentlich lieb, meinen die meisten Iraner, so der Seelsorger. Sie hätten diese Einsicht nur durch die Staatsideologie ausgetrieben bekommen.

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Die Liebe Jesu ist für Lida zunächst das Beeindruckendste gewesen. Er ist auch im Islam ein Prophet, "damals war er mir schon nahe". Den christlichen Glauben entdeckte sie für sich bei einer Hochzeit. "Ich habe damals etwas gespürt, allerdings wollte ich dies nicht wahrnehmen; ich fühlte mich schuldig." Am Ende der Hochzeit verteilte der Pastor eine Bibel. Irgendwann las die heute 40-Jährige darin – damit war der Anfang gemacht.

Konvertiten droht die Todesstrafe

Im Iran musste sie ihren Glauben jahrelang im Geheimen leben, obwohl sie sich schon dort in einem Fluss Taufen ließ. "Wie Jesus bin ich aus dem Wasser gekommen." In Privaträumen habe sie sich mit anderen getroffen. Damals lernte sie auch den nun im Iran inhaftierten evangelischen Seelsorger Yousef Nadarkhani kennen. Dem 34-jährigen Familienvater droht die Todesstrafe. "Damals war er, wenn man so will, der Pastor unserer kleinen Gemeinde", erzählt die Dolmetscherin. 

Vor zwölf Jahren kam sie nach Deutschland. Seitdem war sie nicht mehr in ihrer Heimat. Sie weiß. Das Risiko verhaftet zu werden, wäre zu groß. Heute ist sie glücklich, hier ihren Glauben leben zu können. Doch am Anfang hat sie oft gezweifelt. Ihre damals sechsjährige Tochter war im Iran geblieben, erst nach fünf Jahren waren sie wieder vereint. Die Zeit im Asylbewerberheim war schwer für sie. Psychische Probleme waren die Folge. "Es war eine Prüfung." Vergessen hat sie den Anfang in Deutschland nicht. Aber heute ist sie glücklich, weil sie zum Beispiel in eine Kirche gehen kann, wenn sie will. "Das Gefühl ist einfach unbeschreiblich."

Auch Matthias ist froh, hier seinen Glauben offen leben zu können. "In meiner Heimat darfst du nichts sagen oder tun, was die Muslime nicht wollen." Im Iran ist er nur knapp einer Verhaftung entkommen. Zwei seiner Freunde hatten nicht so viel Glück. Vor rund vier Jahren fand er zum Glauben. Für seine Familie war dies kein großes Problem. Allerdings sollte der Vater nach seiner Flucht zum Gericht, um über seinen Sohn zu sprechen. Am Ende kam es nicht zu dem Termin.

Der Glaube wird betont

Immer wieder betont der 31-Jährige wie nah ihm Gott ist. Während er spricht dankt er ihm immer wieder. Auch Lida betont ähnlich ganz offen ihren Glauben, sagt an so mancher Stelle "Halleluja". Einige Iraner schlagen das Kreuz vor sich. Für Matthias ist dies nichts besonderes: "Ich kann mich an eine Bibelstelle erinnern, in der sagt Jesus, dass nicht Gott die Gebete braucht, sondern wir – und das stimmt." Auch das viele der neuen Gemeindemitglieder einen Taufnamen wählen sei nichts Außergewöhnliches, erzählt Pastor Kutzner. Häufig hätten Iraner einen anderen Rufnamen als der, der in ihrem Pass stehe. "Sie drücken damit ihre Gesinnung aus." Besonders beliebt seien Maria und Petrus, aber es gebe auch Rebekka, Martin und Paulus. Seit der "Grünen Revolution" nach der manipulierten Parlamentswahl 2009 ist die Zahl der Taufwillen stark angestiegen. "Waren es davor fünf bis fünfzehn pro Monat, sind es nun 50 bis 60. Mit ihrer öffentlichen Taufe brechen sie auch endgültig mit der Regierung in ihrem Land." Doch im Vordergrund stehe immer der Glaube.