Julia Klöckner weiter im Fokus

Julia Klöckner weiter im Fokus
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner bekommt viel Gegenwind für ihre Kirchenkritik. Die CDU-Politikerin beklagt zu viel tagespolitische Einmischung. Kirchenvertreter betonen ihr Recht auf politisches Engagement, etwa bei Klima- oder Sozialthemen.

Berlin (epd). Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) sorgt mit ihrer Kirchenkritik weiterhin für Kontroversen. Für die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) spielt die Kirche eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. „Das Christentum war politisch von Beginn an“, sagte die frühere Vatikan-Botschafterin am Mittwoch im RBB-Inforadio: „Es sind zwei Seiten, die eigentlich nicht auseinanderdividiert werden dürfen. Diese zutiefst geistliche, die spirituelle Seite, die Rede über Gott als das Zentrum unseres Glaubens, und die Sorge um die Welt“, sagte sie.

Schavan reagierte damit auf Äußerungen von Klöckner. Die Katholikin hatte sich zu Ostern in der „Bild am Sonntag“ von den Kirchen mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen im Stile einer Nichtregierungsorganisation gewünscht. Kirche werde austauschbar, wenn sie zu beliebig werde und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick habe.

Schavan betonte, die Glaubwürdigkeit des Christentums und der Kirche habe „viel damit zu tun, an die Ränder zu gehen, sich um die Flüchtlinge zu kümmern, und denen, die politische Verantwortung tragen, auch zu sagen, behaltet das im Blick, werdet nicht zu eng mit euren Entscheidungen“. Mit Blick auf Klöckner sagte sie, diese habe vermutlich gemeint, „dass es natürlich Situationen gibt, in denen uns dieses oder jenes, was die Kirche sagt, nicht passt“. Aber das ändere nichts daran, dass die Kirche ein wichtiger Gesprächspartner auch für politische Parteien sei.

Der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, widersprach der Kritik aus Reihen der CDU, die Kirchen agierten zu politisch. Es sei zwar nicht Aufgabe der Kirche, Tagespolitik zu betreiben, sagte Gohl dem Nachrichtenportal t-online. „Aber als Christ sollte man politisch Stellung beziehen. Das Evangelium ist eine Sendung in die Welt - und in der Welt geht es politisch zu.“

Er halte Kritik wie die von Klöckner für verkürzt, so Gohl, „aber ich nehme sie ernst“. Auf die „großen, ethischen Fragen unserer Zeit“ müssten die Kirchen Antworten liefern, so Gohl. Dazu gehöre für ihn die AfD: „Die AfD ist inzwischen eine rechtsradikale Partei - diese Klarheit ist unsere Pflicht.“ Zentral sei dabei eine Lehre aus der deutschen Geschichte. „Rechtsradikalismus führt ins Verderben. Er ist nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar“, so Gohl. In der NS-Zeit hätten die Kirchen zu lange nicht widersprochen: „Wir müssen es wagen, früh deutlich zu sein.“

Die rechtspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Clara Bünger, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch): „Die Kirchen sind Teil der Zivilgesellschaft und haben selbstverständlich das Recht, sich kritisch zu politischen Themen zu äußern - gerade auch dann, wenn es Regierenden nicht gefällt.“ Es sei „befremdlich und besorgniserregend“, dass man aus den Reihen der Union in jüngster Zeit vermehrt Äußerungen höre, die in die Richtung gingen, politisch unliebsame Meinungen zu unterdrücken.