Berlin (epd). Die Klima-Allianz Deutschland sieht den Koalitionsvertrag von Union und SPD als Gefahr für die langfristigen Klimaziele. „Es könnten vier verlorene Jahre beim Klimaschutz drohen“, sagte Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz auf einer Pressekonferenz am Montag in Berlin. Dem Bündnis bereite Sorge, dass der Vertrag bei Kürzungen konkret werde, bei Fortschritten allerdings vage bleibe. Indessen kritisierte das Wuppertal-Institut die Vereinbarungen von Union und SPD zur Verkehrspolitik als unzureichend.
Langkamp kritisierte, dass bereits getätigte Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes infrage gestellt würden und der Koalitionsvertrag eher Rückschritte enthalte. Es bräuchte ihr zufolge eine Reform des Dienstwagenprivilegs, zudem sei die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent nicht zielführend. Sie würde den Staat mehr als eine Milliarde Euro zusätzlich kosten. Zugleich würden 60 Prozent der Deutschen nicht von der Pendlerpauschale profitieren, weil Einkommensschwächere die Werbekostenpauschale gar nicht überschreiten würden.
Auch Veit Bürger, Bereichsleiter Energie und Klimaschutz beim Öko-Institut, warnte vor dem Verfehlen der Klimaziele bis 2045. Man sei gerade auf einem guten Kurs bei den Zielen bis 2030, aber langfristig sehe es schlecht aus. Sorgenkinder seien der Gebäude- und der Verkehrssektor, wo die Ziele „krachend verfehlt“ würden. Positiv sei zwar beispielsweise der Energiesektor, jedoch sieht Bürger durch den Koalitionsvertrag auch die Ziele für 2030 in Gefahr.
Das Klimaschutzgesetz sieht vor, bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Bis 2040 sollen die Emissionen um 88 Prozent zurückgehen, 2045 soll Klimaneutralität erreicht werden.
Bürger kritisierte zudem geplante „Schlupflöcher“ im Koalitionsvertrag. Union und SPD wollen Einsparungen bei den Emissionen auch durch CO2-Minderungen außereuropäischer Partner erreichen. Dabei unternehmen andere Länder CO2-Einsparungen, welche sich Deutschland anrechnen lässt.
Er plädierte dafür, dass im Heizungsgesetz die Kernpflicht erhalten bleiben müsse. Diese sieht für neue Heizungsanlagen 65 Prozent an erneuerbaren Energien vor und ein Ende fossiler Heizkessel bis spätestens 2045. Im Koalitionsvertrag ist von einem neuen Gebäudeenergiegesetz die Rede, welches technologieoffener sein soll.
Positive Aspekte sieht die Klima-Allianz beim Willen der Koalitionäre zum Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Erhalt des Deutschlandtickets. Auch im Bereich der Bahn und des öffentlichen Nahverkehrs gehe man mit dem Sondervermögen für Infrastruktur in die richtige Richtung.
Der Klima-Allianz Deutschland gehören nach eigenen Angaben mehr als 150 Mitgliedsorganisationen an. Das Öko-Institut ist eine unabhängige Umweltforschungseinrichtung.
Auch der Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Manfred Fischedick, vermisst in dem Koalitionsvertrag Signale für „eine wirkliche Mobilitätswende“. Dies beziehe sich nicht nur auf den Verzicht auf ein Tempolimit, sondern auf zu wenig Dynamik bei den Themen Verkehrsvermeidung und -verlagerung, kritisierte Fischedick in der „Rheinischen Post“ (Montag). Damit werde die Fehlstelle aus den letzten Legislaturperioden fortgeschrieben.