Würzburg Bischof Jung: Missbrauchsgutachten ist "verheerende Bilanz"

Würzburg Bischof Jung: Missbrauchsgutachten ist "verheerende Bilanz"

Würzburg (epd). Der katholische Würzburger Bischof Franz Jung hat das Gutachten der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg (UKAM) als „verheerende Bilanz“ bezeichnet. In den vergangenen Jahrzehnten seien Betroffene durch bischöfliche Behörden eingeschüchtert, Täter gedeckt, sexualisierte Gewalt inkonsequent verfolgt, Fristen verschleppt sowie Meldepflichten nachlässig behandelt worden, sagte Jung am Montag in Würzburg. Der Bischof bat erneut um Entschuldigung „für die Jahre des Schweigens, der Verleugnung und der Untätigkeit“.

Sein Amtsvorgänger, Altbischof Friedhelm Hofmann (2004-2017), ließ durch Jung eine kurze Erklärung verlesen. „Nach eingehender Lektüre“ des UKAM-Gutachtens müsse er „selbstkritisch einräumen“, dass in seiner Amtszeit als Bischof „Fehler gemacht wurden bei der Bearbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs“, hieß es. Zwar habe er jeweils „im Einzelnen“ den Umgang mit den Fällen seinen Generalvikaren anvertraut, gleichwohl habe er „die Letztverantwortung“ gehabt. Er wäre „als Bischof mehr gefordert gewesen“ und sei hinter seiner Verantwortung zurückgeblieben", schrieb Hofmann.

In dem am 8. April vorgelegten Gutachten wird auch der ehemalige Personalchef des Bistums, Heinz Geist, mehrfach genannt. Geist war von 2002 bis 2010 darüber hinaus Missbrauchsbeauftragter des katholischen Bistums. Für diese Aufgabe dokumentiere das Gutachten ein „nicht immer den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz“ konformes Vorgehen in den ihm gemeldeten Fällen, heißt es in einer Stellungnahme Geists. Er bedaure dies. Als Konsequenz verzichte er auf seine Mitgliedschaft im Domkapitel und werde keine öffentlichen Gottesdienste mehr halten.

Dem UKAM-Gutachten zufolge gab es im Bistum Würzburg zwischen 1949 und 2019 Tausende Missbrauchstaten. Die Gutachter ermittelten für diese Zeitspanne 51 Beschuldigte, die mindestens 449 Taten an 226 Betroffenen begangen haben sollen. Ziehe man wegen teils ungenauer Angaben Schätzwerte heran, ergeben sich mehr als 3.000 Taten. Von den 51 Beschuldigten sind 43 Kleriker.

Die Zahlen unterscheiden sich stark von der MHG-Studie der Bischofskonferenz von 2018. Laut den Personalakten von 2000 bis 2015 gab es im Bistum demnach 48 Beschuldigte.