Berlin (epd). Zum Auftakt des Prozesses wegen eines Angriffs auf einen jüdischen Studenten in Berlin hat der Angeklagte die Tat weitgehend eingeräumt und Reue gezeigt, ein antisemitisches Motiv aber bestritten. Die Tat am 2. Februar 2024 und die mediale Aufmerksamkeit hätten ihn und seine Familie schwer belastet, ließ der 24-jährige Mustafa El-H. A. am Dienstag im Amtsgericht Tiergarten über seinen Anwalt erklären. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Er soll den 32-jährigen Lahav Shapira attackiert und schwer verletzt haben (AZ: 264 Ls 1024/24).
Er habe seitdem zehn Sitzungen Anti-Gewalt-Training absolviert, zudem befinde er sich in therapeutischer Behandlung, erklärte der Angeklagte weiter. Die Schwere der Verletzungen, die er Shapira zugefügt haben soll, tue ihm leid. Es sei seine erste Schlägerei gewesen.
Mittlerweile lebe er mit seiner Freundin in München. Sein Lehramtsstudium habe er aufgegeben und sich freiwillig exmatrikuliert. Das Berliner Hochschulgesetz wurde im vergangenen Jahr verschärft, um Exmatrikulationen in solchen Fällen zu ermöglichen. Er habe sich umorientiert und arbeite als Vertriebsentwickler, erklärte der Angeklagte weiter.
Zur Tat sagte er, er habe Lahav Shapira im Februar 2024 in einer Bar in Berlin-Mitte gesehen. Als dieser die Bar verließ, wollte er ihn zur Rede stellen, weil Shapira zuvor an der Freien Universität propalästinensische Plakate entfernt hatte, die dieser als antisemitisch wahrnahm. Nach einem kurzen Wortgefecht habe er Shapira ins Gesicht geschlagen. Als dieser wieder aufstehen wollte, habe er ihm frontal ins Gericht getreten. Das Opfer verbrachte vier Tage im Krankenhaus und musste mehrere Operationen über sich ergehen lassen. Aus antisemitischen Gründen will der Angeklagte aber nicht gehandelt haben.
Das wird für das Strafmaß entscheidend sein. Der Vorsitzende Richter Sahin Sezer kündigte an, sollte kein antisemitisches Motiv vorliegen, könnte es im Fall einer Verurteilung bei einer Bewährungsstrafe bleiben.
Die Staatsanwaltschaft sieht vor allem ein Bild, das über die Plattform Snapchat gesendet wurde, als Hinweis für ein antisemitisches Motiv. Das Foto zeigt den Tatort mit der Unterschrift, der Angeklagte habe den „Judenhurensohn totgeschlagen“. Es ist allerdings nicht bekannt, wer das versendet hat.
Der Anwalt des Angeklagten erklärte, dass sein Mandant einen Täter-Opfer-Ausgleich anstrebe. 5.500 Euro würde er sofort zahlen, sowie weitere monatliche Raten. Shapira als Nebenkläger soll im Vorfeld einem Ausgleich nur zugestimmt haben, wenn der Angeklagte ein antisemitisches Motiv einräumt.
Das Opfer ist der Bruder des deutschen Comedians Shahak Shapira. Der angeklagte Mustafa El-H. A. ist deutscher Staatsbürger mit palästinensischen Wurzeln.
Für den Prozess waren zunächst zwei Verhandlungstage angesetzt. Der nächste soll am 17. April stattfinden. Das Strafmaß für gefährliche Körperverletzung beträgt sechs Monate bis zehn Jahre. Beobachtet wurde der Prozess unter anderem vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein.