Berlin (epd). Weltweit sind 2024 laut Amnesty International so viele Menschen hingerichtet worden wie seit zehn Jahren nicht mehr. Mit mindestens 1.518 Hinrichtungen war die Zahl der Exekutionen vergangenes Jahr so hoch wie zuletzt 2015, wie aus dem am Dienstag von der Menschenrechtsorganisation veröffentlichten Bericht zur Anwendung der Todesstrafe hervorgeht. Auch im Vergleich zum Vorjahr wurden 2024 deutlich mehr Menschen hingerichtet: Laut Amnesty stieg die Zahl der vollstreckten Todesurteile um 32 Prozent.
Dafür sind insbesondere drei Länder verantwortlich, in denen den Angaben zufolge mehr als 90 Prozent der Hinrichtungen vollzogen wurden: der Iran, Irak und Saudi-Arabien. Allein im Iran seien mit mindestens 972 Hinrichtungen 64 Prozent der Exekutionen vollzogen worden. Dabei hätten die iranischen Behörden auch auf die Todesstrafe zurückgegriffen, um gegen die „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung vorzugehen, kritisierte Amnesty.
Im Irak wurden laut der Menschenrechtsorganisation 2024 mit mindestens 63 Personen viermal so viele Menschen hingerichtet wie im Vorjahr. In Saudi-Arabien sei die Todesstrafe vergangenes Jahr in mindestens 345 Fällen angewendet worden, doppelt so häufig wie 2023. Auch die saudischen Behörden setzten die Todesstrafe ein, um politische Andersdenkende zum Schweigen zu bringen, hieß es.
Die Amnesty-Generalsekretärin in Deutschland, Julia Duchrow, forderte von der neuen Bundesregierung mehr Einsatz für die Abschaffung der Todesstrafe. Gegenüber Saudi-Arabien etwa sei das Thema aufgrund wirtschaftlicher Interessen bisher kaum angesprochen worden, sagte Duchrow dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Da muss die künftige Bundesregierung deutlicher werden.“
Trotz des weltweiten Anstiegs beim Vollzug der Todesstrafe verzeichnet der Bericht auch Fortschritte. So hätten vergangenes Jahr lediglich 15 Länder die Todesstrafe vollzogen, darunter die USA, China und Somalia. Die Zahl bleibe auf „historisch niedrigem Niveau“, erklärte Amnesty. Auch wurde 2024 laut dem Report mit mindestens 2.087 entsprechenden Urteilen die Todesstrafe seltener verhängt als im Vorjahr (2023: 2.428 Todesurteile).
Für den jährlichen Bericht wurde eine Vielzahl an Quellen ausgewertet, darunter offizielle Daten, aber auch Angaben von zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Informationen von Angehörigen. Nicht in der Gesamtzahl berücksichtigt sind die laut Amnesty mutmaßlich Tausenden Hinrichtungen in China, weil dazu keine Daten vorlägen. Für Nordkorea und Vietnam gebe es ebenfalls keine Angaben. Das wahre Ausmaß bei der Anwendung der Todesstrafe werde deshalb nur teilweise in dem Bericht erfasst.