Genf, Washington (epd). Das Erdbeben in Myanmar hat laut den Vereinten Nationen die Geflüchteten im Land besonders hart getroffen. Knapp die Hälfte der 3,5 Millionen Vertriebenen lebten in den Katastrophengebieten, teilte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Dienstag in Genf mit. Die Menschen litten ohnehin schon unter dem grausamen Konflikt, der vor vier Jahren mit dem Putsch des Militärs begonnen hat, sagte UNHCR-Sprecher Babar Baloch.
Der UN-Hilfskoordinator in Myanmar, Marcoluigi Corsi, betonte, das ganze Ausmaß des menschlichen Leids nach dem Erdbeben von Freitag sei noch immer nicht ersichtlich. Wie viele Kinder, Frauen und Männer insgesamt von der Katastrophe betroffen seien, müsse noch geklärt werden. Die Rettungs- und Bergungsbemühungen dauerten an.
In den Regionen um die Metropole Mandalay und um die Hauptstadt Naypyidaw brauchen die Überlebenden Corsi zufolge dringend Unterkünfte, Lebensmittel, sauberes Wasser, Medizin und Strom. Bereits vor dem Erdbeben seien nahezu 20 Millionen Menschen von humanitärer Hilfe abhängig gewesen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die Militärjunta derweil auf, den Überlebenden ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Seit dem Erdbeben habe das Militär Luftangriffe geflogen und den Internetzugang in schwer betroffenen Gebieten eingeschränkt.
Die Nothilfe für die Erdbebenopfer wird nach Medienberichten zudem durch die Auflösung der US-Entwicklungsbehörde USAID erschwert. „Andere Nationen haben mobilisiert, wir haben nicht, weil wir die Teile der Regierung mit der Fähigkeit zum Eingreifen stillgelegt haben“, sagte der frühere leitende USAID-Mitarbeiter Chris Milligan der „Washington Post“. Normalerweise schicke die USA bei Erdbeben binnen weniger Stunden ein Hilfsteam, sagte Milligan. Beim Erdbeben in der Türkei 2023 seien 200 US-Hilfskräfte im Einsatz gewesen.
Am Freitag hatte US-Außenminister Marco Rubio die De-facto-Auflösung der Entwicklungsbehörde USAID bekannt gegeben. Die US-Botschaft in Myanmar kündigte Hilfe im Wert von zwei Millionen US-Dollar an. Das Geld werde an Hilfsorganisationen gegeben. Zudem komme ein USAID-Notfallteam nach Myanmar, um zu ermitteln, was die „dringlichsten Bedarfe sind“.
Seit seiner Machtübernahme im Februar 2021 geht das Militär in Myanmar mit äußerster Gewalt gegen Oppositionelle und ethnische Minderheiten vor. Bewaffnete Gruppen verschiedener Ethnien bekämpfen das Militär in zahlreichen Gebieten des Landes. Immer wieder gerät die Zivilbevölkerung zwischen die Fronten. Hunderte wurden seither getötet. Myanmar ist demnach allerdings massiv von den Kürzungen der internationalen Hilfe betroffen.
Ein Erdbeben mit einer Stärke von 7,7 hatte am Freitagmittag (Ortszeit) die Region erschüttert und viele Gebäude in Myanmar und Thailand zum Einsturz gebracht. Das Epizentrum lag demnach in Zentral-Myanmar nahe der Stadt Mandalay. Über 2.000 Menschen starben laut offiziellen Angaben, die tatsächliche Zahl könnte jedoch viel höher liegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief am Sonntagabend die höchste Notfall-Stufe aus.