Fehrs warnt vor "Tyrannei der Mehrheit"

Fehrs warnt vor "Tyrannei der Mehrheit"
SPD und EKD-Ratsvorsitzende gegen Ausgrenzung ganzer Gruppen
Demokratie unter Druck: SPD-Politiker Castellucci und EKD-Ratsvorsitzende Fehrs warnen vor wachsender Ausgrenzung und fehlendem Schutz für Minderheiten. Fehrs kritisierte zudem die geplanten Kürzungen in der Entwicklungshilfe.

Berlin (epd). Der SPD-Politiker Lars Castellucci hat zu mehr Engagement für die Demokratie aufgerufen. „Wir müssen nach vorne schauen und der Demokratie, die vielleicht jetzt einen Dämpfer hat, in dieser heutigen Zeit wieder zu neuer Kraft verhelfen“, sagte der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion am Freitag bei einer Tagung seiner Fraktion und des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD in Berlin. An der Veranstaltung nahm auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, teil.

Castellucci warnte, Demokratie gerate unter Druck, wo Menschen ausgegrenzt würden und wo versucht werde, zulasten von Gruppen politisches Kapital zu gewinnen. Er mahnte angesichts des jüngsten Wahlerfolgs der in Teilen rechtsextremen AfD jedoch, „nicht ständig nur auf die anderen zu schauen“. 80 Prozent der Menschen hätten die AfD nicht gewählt: „Wir sind die Mehrheit und das müssen wir wieder deutlich machen.“

Die EKD-Ratsvorsitzende Fehrs betonte die Bedeutung des Schutzes von Minderheiten. „Demokratie darf nicht zu einer Tyrannei der Mehrheit werden“, warnte die Hamburger Bischöfin. Minderheiten müssten sich darauf verlassen können, dass der Rechtsstaat ihre Freiheit und ihre Menschenrechte schütze. Das sei gerade mit Blick auf die USA, wo „handstreichartig“ Freiheit in Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft in Frage gestellt werde, klar zu benennen.

Fehrs rief auch dazu auf, Länder des Globalen Südens nicht aus dem Blick zu verlieren. Sie äußerte sich beunruhigt über die Zerschlagung der US-Hilfsagentur USAID und eine drastische Kürzung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in Großbritannien. „Gerade in diesen Zeiten globaler Krisen ist Entwicklungszusammenarbeit keine Nebensache neben vielen, sondern ist eine Investition in Frieden, Gerechtigkeit und in eine gemeinsame Zukunft“, betonte sie.

Mit Sorge beobachte sie deshalb die Überlegungen zur Kürzung der Mittel oder gar Abschaffung des Entwicklungsministeriums in Deutschland, erklärte Fehrs. Ein eigenständiges Entwicklungshilfeministerium gebe benachteiligten Ländern eine Stimme in der deutschen Politik und stehe für eine wertegeleitete Außenpolitik, sagte die EKD-Ratsvorsitzende.

Die Union plädiert in den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD für eine Integration des Bundesentwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt. Die SPD - die derzeit auch die geschäftsführende Entwicklungsministerin Svenja Schulze stellt - hält an dem Ministerium fest. Strittig ist auch die zukünftige Höhe der Ausgaben für Hilfsprojekte im Ausland.