Genf (epd). Eine Untersuchungskommission der UN erhebt schwere Vorwürfe gegen Russlands politische Führung und Armee in deren Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das gewaltsame Verschwindenlassen von ukrainischen Zivilistinnen und Zivilisten durch russische Einheiten sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, betonte die UN-Untersuchungskommission zur Ukraine in einem am Mittwoch in Genf veröffentlichten Bericht.
Die russischen Besatzer hätten in allen ukrainischen Gebieten Zivilisten festgenommen. Zu den Opfern gehörten Beamte, Journalisten und andere Verdächtige. Auch viele ukrainische Kriegsgefangene seien Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens.
Moskaus Sicherheitskräfte verschleppten die Opfer häufig in Hafteinrichtungen in besetzten Gebieten der Ukraine oder deportierten sie nach Russland. Dort würden sie schweren Verbrechen ausgesetzt, darunter Folter und sexuelle Gewalt. Viele Personen seien seit Monaten oder seit Jahren vermisst. Einige seien verstorben.
Das Schicksal vieler Verschleppter sei unbekannt, hieß es. Familien und Freunde lebten in quälender Ungewissheit. Auf Anfragen von Familienangehörigen vermisster Personen hätten russische Behörden systematisch keine Auskunft gegeben.
Die Kommission untersuchte nach eigenen Angaben auch eine wachsende Zahl von Kriegsverbrechen im Gefecht, so etwa die sofortige Tötung von ukrainischen Kriegsgefangenen durch russische Soldaten. Die Kommission berichtet ebenso von vereinzelten Tötungen verwundeter russischer Soldaten durch Ukrainer.
Der UN-Menschenrechtsrat setzte die Kommission im März 2022 ein, kurz nachdem Russland großflächig die Ukraine überfallen hatte. Während Kiew mit der Kommission kooperiert, lehnt Moskau jeden Kontakt ab. Die Kommission befragte seit ihrer Gründung 929 Frauen und 851 Männer, viele davon Opfer oder Zeugen.
Ferner prüften die Ermittler Dokumente, Gutachten, forensische Berichte, Fotos und Videos. Der Vorsitzende der Kommission, Erik Møse, war Präsident des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda und Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.