Bremerhaven (epd). Die Meeresbiologin und Klimafolgen-Forscherin Antje Boetius sieht in der globalen Zusammenarbeit für den Klimaschutz eine existenzielle Aufgabe der Menschheit. „Die Folgen der Klimaschäden werden schneller teurer als das, was in Energiewende und anderen Klimaschutz investiert wird, und das kann ein Teufelskreis werden“, sagte die scheidende Direktorin des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung (AWI) dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Es bleibe zu wünschen, dass Länder ehrgeizig beim Pariser Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung zusammenarbeiten, „auch um ihre eigene Innovationsfähigkeit und Entwicklungsperspektiven zu sichern“. „Jeder Rückschritt ist angesichts der Folgen enttäuschend“, warnte die Wissenschaftlerin, die seit Ende 2017 das AWI in Bremerhaven leitet und Anfang Mai als Präsidentin an das renommierte Monterey Bay Aquarium Research Institute für Ozeanforschung und marine Technologien in Kalifornien wechselt. Aber noch sei nicht klar, ob der Sinneswandel der US-Regierung die Emissionsbilanz stark verändern werde. „Manchmal erzeugt ja gerade ein Schock eine Gegenreaktion, die dem Klimaschutz nützt.“
Die zentrale Stellschraube, um in der Klimakrise etwas zu bewegen, ist Boetius zufolge aufgrund des steigenden Energiebedarfs auf der Welt die Technologie-Entwicklung hin zu regenerativen Energien: „Also Elektrizität aus Sonne, Wind und Wasser, einschließlich auch der Nutzung von Energie-Molekülen wie Wasserstoff, Methanol, Ethanol und Ammoniak. Dafür muss aber zunächst in Infrastruktur investiert werden. Und da tut sich Politik eben schwer, denn das kostet viel, und die Belohnung ist erst in kommenden Wahlperioden erfahrbar.“
Der wichtigste Schritt sei also in Partnerschaft mit anderen Ländern noch schneller die Abhängigkeit von Kohle, Öl und langfristig auch Gas zu verringern. „Es ist zudem wichtig, dass Meeresschutz auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zusammengedacht wird, dann kann der Ozean Teil der Lösung sein für eine nachhaltige Zukunft.“
Zum Forschungsauftrag gehöre es, die Risiken und Chancen von Entwicklungen aufzuzeigen, betonte Boetius. „Kommunikation ist wichtig. Klimaschutz braucht einen Plan, der zum Mitmachen anregt.“
Besonders wichtig scheine ihr die Multiplikation der Kräfte am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, in Gemeinden, Städten und in allen Formen von politischem Engagement, fügte Boetius hinzu. Es gehe darum zu fühlen und zu wissen, „dass wir Chancen haben, mit unserem Handeln die Umstände um uns herum zu verbessern“. Dazu gehöre auch, darüber zu sprechen, was schon gelungen sei.