Verfassungsrechtler: Gemeinnützige Vereine müssen neutral sein

Verfassungsrechtler: Gemeinnützige Vereine müssen neutral sein
26.02.2025
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Oldenburg, Berlin (epd). Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler springt der CDU in der aktuellen Diskussion über die politische Neutralität von gemeinnützigen Vereinen zur Seite. „Es ist ganz eindeutig so, dass gemeinnützige Organisationen sich parteipolitisch neutral zu verhalten haben“, sagte der der Professor der Universität Oldenburg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Demonstrationen gegen eine politische Partei, die nicht verboten sei, hätten mit Gemeinnützigkeit nichts zu tun. Das gelte nicht nur für Proteste gegen die CDU, sondern auch für solche gegen die AfD.

Gemeinnützige Vereine könnten natürlich allgemein für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit oder gegen Rechtsextremismus demonstrieren, erläuterte Boehme-Neßler. Auch etwa gegen eine schärfere Asylpolitik dürften sie ihren Protest kundtun. „Aber in dem Augenblick, indem ich eine einzelne Partei fördere oder ablehne, ist die Grenze der Gemeinnützigkeit überschritten. Wenn ein Verein häufiger entsprechende Aktionen organisiert, riskiert er, dass die Finanzämter ihm die Gemeinnützigkeit aberkennen.“

Die Idee der Gemeinnützigkeit sei, dass die so privilegierten Vereine nicht für ihren Profit oder ihre Interessen arbeiteten, sondern die Interessen der Allgemeinheit förderten, erläuterte der Rechtsexperte. „Dafür bekommen sie zur Belohnung steuerliche Privilegien, nämlich die Gemeinnützigkeit.“ Sie könnten somit Spenden sammeln, die steuerlich absetzbar seien.

Das Gemeinnützigkeitsprinzip berühre im Übrigen nicht die allgemeine Meinungsfreiheit oder das Demonstrationsrecht, betonte der Professor. Jede Person und jeder nicht gemeinnützige Verein könne gegen einzelne Parteien demonstrieren oder eine Partei unterstützen.

Die Unionsfraktion hatte am Montag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, in der sie sich erkundigt, welche gemeinnützigen Organisationen mit Bundesmitteln gefördert werden. Die Fraktion begründete ihre Anfrage mit Protesten gegen die Union, die Ende Januar eine Abstimmung über eine Verschärfung der Asylpolitik gemeinsam mit Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD ausgelöst hatte. Die Proteste würfen die Frage auf, „inwiefern sich gemeinnützige Vereine, die zusätzlich noch mit Steuergeldern gefördert werden, parteipolitisch betätigen dürfen, ohne ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu verlieren“.

Boehme-Neßler, es sei nicht in Ordnung, wenn Vereine gefördert werden, die Demonstrationen gegen die Opposition organisieren. Parolen wie „Ganz Berlin hasst die CDU“ seien sicher nicht gemeinnützig. Er begrüße es, dass die Union mit ihrer Kleinen Anfrage den Blick auf dieses Problem lenke, betonte der Professor.