Berlin (epd). Der Holocaust-Überlebende und Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Marian Turski, ist tot. Der polnische Journalist starb im Alter von 98 Jahren, wie das Auschwitz-Komitee am Dienstagabend mitteilte. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drückte in einem Kondolenzschreiben an die Tochter des Verstorbenen am Mittwoch sein Mitgefühl aus: „Wir verlieren mit Marian Turski einen wahren Freund und einen großen Kämpfer um Erinnerung - nicht um ihrer selbst willen, sondern damit nicht wieder geschieht, was geschehen ist.“
Der Bundespräsident erinnerte an bewegende Begegnungen mit Turski, insbesondere beim Gedenken zum 80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung am 27. Januar. Steinmeier betonte, dass das von Turski formulierte „elfte Gebot“ - „Sei nicht gleichgültig!“ - bewahrt werde. Seine Rede zum Gedenktag der Befreiung in Auschwitz könne als "Leitstern für den Einsatz für Vielfalt, gegen Antisemitismus, Rassismus und Populismus dienen. Steinmeier hob vor allem Turskis Einsatz für die Erinnerung an die Shoah und für Versöhnung zwischen Deutschland und Polen hervor.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete Turski als Menschen „von unfassbarer Güte, Mut und Kämpfergeist“. Sie sei unendlich dankbar, dass sie „einige lehrreiche, berührende und stets mit Wärme gefüllte Begegnungen mit ihm haben durfte“, sagte Roth. Sie hob hervor, dass Turski nicht nur als „Mahner gegen das Vergessen, den Hass und die Unmenschlichkeit“ fehlen werde, sondern auch als Mensch.
Christoph Heubner, der Vizepräsident des Komitees, würdigte Turski für die Überlebenden des NS-Konzentrationslagers Auschwitz als „Freund, Bruder und Leidensgefährten“. Turski sei in aller Welt als wirkmächtiger Vertreter ihrer Erinnerungen und als Stimme ihrer ermordeten Angehörigen gehört worden. Bis in seine letzten Lebenstage hinein habe er als Journalist und Zeitzeuge die politischen Entwicklungen mit zunehmender Sorge verfolgt. „Er war bestürzt angesichts des europaweiten Aufflammens antisemitischer und rechtsextremer Ideologien und der rhetorischen Gewalt, mit der die Repräsentantinnen und Repräsentanten dieser Ideologien besonders junge Menschen zu radikalisieren versuchten“, sagte Heubner.
Marian Turski wurde als Jugendlicher gemeinsam mit seiner Familie im Ghetto von Lodz inhaftiert und von dort nach Auschwitz deportiert. Nach dem Todesmarsch aus Auschwitz wurde er als junger Mann in Theresienstadt befreit.
Im Konzentrationslager Auschwitz wurden zwischen 1940 und 1945 mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet. Das Lager wurde zum Symbol der nationalsozialistischen Judenverfolgung.