EU-Abgeordnete: Toxische Migrationsdebatte gefährdet Syriens Zukunft

EU-Abgeordnete: Toxische Migrationsdebatte gefährdet Syriens Zukunft
10.02.2025
epd
epd-Gespräch: Marlene Brey

Brüssel (epd). Die EU-Abgeordnete Hannah Neumann (Grüne) warnt davor, dass die europäische Migrationsdebatte dem Wiederaufbau Syriens schaden könnte. „Viele Menschen in Syrien befürchten, dass Europa für schnelle Stabilität andere Prinzipien opfert“, sagte Neumann dem Evangelischen Pressedienst (epd) nach einer Reise in das vom Krieg zerrüttete Land. Die Diskussion über mögliche Abschiebungen sei verfrüht. „Syrien kann nicht als sicher gelten, solange die derzeit regierende HTS-Miliz auf der Terrorliste der EU steht“, betonte sie.

Neumann kritisierte, dass die deutsche Außenpolitik zu stark von innenpolitischen Debatten geprägt sei. „Diktator Assad stürzt und die erste Frage lautet: Können wir jetzt Syrer zurückschicken?“, sagte sie. Die Migrationsdebatte in Deutschland sei auch in Syrien ein großes Thema. Viele Geflüchtete hätten Angehörige, die sich noch im Asylverfahren befänden, und befürchteten nun eine sofortige Abschiebung oder den Stopp des Familiennachzugs.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin sollte Europa stattdessen die Rolle der syrischen Diaspora stärker berücksichtigen. „Viele Syrer in Deutschland sind hochqualifiziert und könnten einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau leisten“, sagte Neumann. Damit sie eine Rückkehr überhaupt in Betracht ziehen könnten, müssten sie aber die Möglichkeit haben, ihre Heimat zu besuchen, ohne ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren. „Die Bundesregierung hat angekündigt, eine einmalige, angemeldete 14-tägige Reise nach Syrien zu erlauben. Das wäre ein erster Schritt“, erklärte sie.

Die Zukunft Syriens sei weiterhin ungewiss. Zwar sende die neue Übergangsregierung unter Ahmed al-Sharaa rhetorisch positive Signale, doch es bleibe abzuwarten, ob sie die Ziele auch umsetzen könne. „Wir stehen vor einem offenen Fenster der Möglichkeiten“, sagte Neumann.

Neumann sieht zudem wirtschaftliche Chancen in einer engeren Zusammenarbeit zwischen Europa und Syrien. „Sobald die EU die Sanktionen aufhebt, woran bereits gearbeitet wird, kann sich vieles entwickeln, ganz ohne deutsche Steuergelder. Eigentlich könnte man sagen: Deutschland hat vielen Syrern Schutz geboten, und jetzt sind diese Menschen ein Geschenk für den Wiederaufbau Syriens. Das ist die beste Entwicklungshilfe.“