Menschenrechtler kritisieren "Überbietungswettbewerb" in Asyldebatte

Menschenrechtler kritisieren "Überbietungswettbewerb" in Asyldebatte

Göttingen (epd). Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die laufende Asyldebatte scharf kritisiert. Es dürfe in der Asylpolitik keinen „Überbietungswettbewerb auf Kosten Schutz suchender Menschen geben“, erklärte die in Göttingen ansässige Menschenrechtsorganisation am Dienstag. Insbesondere Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten seien eine sehr vulnerable Gruppe und oft mehrfacher Verfolgung in ihren Herkunftsländern ausgesetzt: „Ihr individuelles Recht auf Asyl in Deutschland darf nicht ausgehebelt werden.“

Die Forderung von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, Menschen an der Grenze abzuweisen, wenn sie keine gültigen Einreisepapiere hätten, sei „nicht nur unmenschlich, sondern verstößt auch gegen das Asylrecht“, sagte der Nahost-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido. Auch die Forderung der FDP, Entwicklungszusammenarbeit an die Rücknahme von Ausreisepflichtigen zu knüpfen, ignoriere die Situation vor Ort und habe negative Auswirkungen für die Zivilbevölkerung. „Entwicklungszusammenarbeit ist dazu da, Fluchtursachen zu bekämpfen und für Stabilität zu sorgen und nicht, um Diktatoren zu ermöglichen, politisch Verfolgte zu unterdrücken.“

Schutzsuchenden aus Kriegs- und Krisengebieten bleibe nach Gewalterfahrungen, dem Tod von Angehörigen und der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage als einziger Ausweg oft nur die Flucht, sagte Sido weiter. Häufig müssten sie ihre Heimat überstürzt verlassen und erlitten auf der Flucht weitere Traumata.

Sido erinnerte an die Jesiden, die 2014 vom „Islamischen Staat“ (IS) im Irak angegriffen wurden. Ihr Schicksal zeige, dass sich Verfolgte nicht immer auf eine Flucht vorbereiten könnten. „Denn die Peiniger lassen den Verfolgten oft keine Zeit, Reisedokumente zu besorgen oder ein gültiges Visum bei einer deutschen Botschaft zu beantragen.“ Gerade diese Menschen dürften weder von Deutschland noch von anderen demokratischen Staaten allein gelassen werden.