Kassen und Patientenschutz kritisieren Privilegien für Privatpatienten

Kassen und Patientenschutz kritisieren Privilegien für Privatpatienten
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Stiftung Patientenschutz wollen die Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber Kassenpatienten bei der Terminvergabe gesetzlich unterbinden lassen.

Hannover, Berlin (epd). Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen hält es für notwendig, die Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber Kassenpatienten bei der Terminvergabe in Arztpraxen gesetzlich zu unterbinden. „Wer echte Gleichbehandlung will, sollte dafür sorgen, dass bei der Terminvergabe nicht mehr danach gefragt werden darf, ob jemand gesetzlich oder privat versichert ist“, sagte die stellvertretende Verbandschefin Stefanie Stoff-Ahnis dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag). Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, bemängelte ebenfalls eine Ungleichbehandlung und warf den gesetzlichen Kassen vor, Hilfesuchende nicht zu unterstützen.

Das Vergabesystem für Fach- und Hausarzttermine sei undurchsichtig und seine Überprüfung überfällig, kritisierte Brysch. Dafür seien die Kassenärztlichen Vereinigungen gesetzlich verantwortlich zu machen. Zudem müsse die künftige Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Terminvergabepraxis vorlegen. „Transparenz beendet die Diskriminierung“, betonte Brysch. Dadurch werde auch sichtbar, wie viele der bundesweit knapp 100.000 Arztpraxen an ihrer Belastungsgrenze seien.

Kritik äußerten sowohl Brysch als auch Vize-Verbandschefin Stoff-Ahnis an der Online-Terminvergabe. „Wenn Sie auf ein Buchungsportal gehen und als gesetzlich Versicherte einen Facharzttermin suchen, bekommen sie einen in sechs Wochen oder noch später angeboten“, sagte Stoff-Ahnis. „Klicken Sie dagegen 'Privatpatient' an, klappt es schon am nächsten Tag.“ Die Vizechefin betonte: „Die Diskriminierung der gesetzlich Versicherten gegenüber Privatpatienten bei der Terminvergabe werden wir nicht länger hinnehmen.“

Patientenschützer Brysch stellte die Online-Terminvergabe grundsätzlich infrage. „Die Vergabepraxis online zu steuern, wird im Dschungel der Zuständigkeiten verlaufen“, betonte er. Zudem seien rund 20 Prozent der Bevölkerung nicht technikaffin.

Krankenkassen-Vorständin Stoff-Ahnis betonte, dass rund 90 Prozent der Menschen in Deutschland gesetzlich versichert seien. Deshalb müsse es bei der Terminvergabe künftig ausschließlich um die medizinische Notwendigkeit gehen. Zudem forderte sie eine gesetzliche Verpflichtung für alle Arztpraxen, freie Termine tagesaktuell einem Online-Portal zur Verfügung zu stellen, auf das die gesetzlichen Kassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen zugreifen könnten.