Ringen um Bundestagsentscheidung zu Abtreibungen

Ringen um Bundestagsentscheidung zu Abtreibungen
Im Bundestag stößt der Gruppenantrag aus den Reihen von SPD und Grünen zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts auf den erwarteten Widerstand, wie Querelen im Rechtsausschuss zeigen. Eine Abstimmung wird unwahrscheinlicher.

Berlin (epd). Der Bundestag will bis zu den geplanten vorgezogenen Neuwahlen weiter über eine Neuregelung von Abtreibungen beraten. Der Rechtsausschuss beschloss am Mittwoch in Berlin eine Anhörung von Sachverständigen zu dem Gruppenantrag, Abtreibungen bis zum dritten Schwangerschaftsmonat zu legalisieren. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterstützt den Versuch zu einer rechtlichen Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Die Sachverständigenanhörung soll am Abend des 10. Februar nächsten Jahres stattfinden, einen Tag vor der geplanten letzten Sitzung des Bundestags in dieser Legislaturperiode am 11. Februar. Der Obmann der Unionsfraktion im Rechtsausschuss, Carsten Müller (CDU), sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Terminvorschlag sei von der Union gekommen. Der Beschluss für eine Anhörung und auch für den Termin sei im Ausschuss mit einer großen Mehrheit gefasst worden.

Die Union hatte Müller zufolge zuvor beantragt, den Gruppenantrag zur Neuregelung von Abtreibungen von der Tagesordnung zu streichen, sei aber von SPD, Grünen, der Gruppe der Linken und der AfD überstimmt worden.

Abgeordnete aus den Reihen der SPD, der Grünen und der Linken haben einen Gruppenantrag in den Bundestag eingebracht, um Abtreibungen zu entkriminalisieren. Sie sollen danach bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr strafbar sein. Die Beratungspflicht für Frauen soll beibehalten werden. Es entfällt aber die Wartezeit von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch. Die Kosten sollen die Krankenkassen übernehmen. Der Antrag wird von 327 der 733 Bundestagsabgeordneten unterstützt. Er wurde Anfang Dezember im Bundestagsplenum beraten und anschließend in den Rechtsausschuss überwiesen.

Mit dem nun festgelegten Termin für eine Sachverständigen-Anhörung ist es sehr unwahrscheinlich geworden, dass über den Gruppenantrag im Parlament noch abgestimmt werden wird. Die Initiatorinnen des Antrags hatten gehofft, die Übergangszeit nach dem Bruch der Ampel-Koalition bis zu den vorgezogenen Neuwahlen für eine Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin nutzen zu können. Die Union lehnt eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts ab. Die FDP lehnt das Verfahren ab, obwohl einzelne Abgeordnete dem Gruppenantrag inhaltlich zustimmen.

Die evangelische Kirche unterstützt einer Neuregelung von Abtreibungen außerhalb des Strafrechts. Der Rat der EKD erklärt in einer am Mittwoch veröffentlichen Stellungnahme, die in dem von der Abgeordnetengruppe eingebrachten Gesetzentwurf enthaltene rechtliche Struktur „ist aus evangelischer Perspektive im Grundsatz zustimmungsfähig“. Die „einzigartige Situation“ eines Schwangerschaftskonflikts erfordere Respekt vor der Freiheit und der Verantwortungsfähigkeit der Schwangeren. „Daher muss die Schwangere letztlich selbst entscheiden und selbst entscheiden können“, heißt es an anderer Stelle.

Die EKD hatte anlässlich der politischen Debatte ihre Position zum Abtreibungsrecht erneut auf den Prüfstand gestellt. Die Stellungnahme erschien zur Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestags. Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs sagte, Ziel einer Regelung des Schwangerschaftsabbruchs sei der „effektive Schutz des Lebens, der sowohl dem ungeborenen Leben als auch der schwangeren Frau gilt“. Regelungen allein des Schwangerschaftsabbruchs griffen dabei zu kurz. Zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure seien aufgefordert, zu einem kinder- und familienfreundlicheren Klima in der Gesellschaft beizutragen.

In Deutschland werden Abtreibungen in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft nicht bestraft, wenn das vorgeschriebene Verfahren mit einer Beratung eingehalten wird. Sie sind aber rechtswidrig, und die Kosten werden daher auch von den Krankenkassen nicht erstattet.