Dortmund (epd). Im Prozess um die tödlichen Schüsse auf einen 16-jährigen Flüchtling in Dortmund hat das Landgericht alle fünf angeklagten Polizistinnen und Polizisten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine zehnmonatige Bewährungsstrafe für den 56 Jahren alten Leiter des Einsatzes und Freisprüche für die übrigen vier Angeklagten gefordert. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch für alle Angeklagten. Bei dem Einsatz war der Flüchtling Mouhamed Dramé aus dem Senegal durch fünf Schüsse aus einer Maschinenpistole gestorben.
Die Polizei war am 8. August 2022 zu einer Jugendhilfeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt ausgerückt, weil der Jugendliche dort mit einem auf sich selbst gerichteten Messer hockte. Offenbar wollte er sich das Leben nehmen. Nachdem Dramé auf Anweisung des Einsatzleiters mit Pfefferspray besprüht wurde, bewegte er sich auf die Beamten zu. Diese setzten Elektroschocker ein, und einer der Polizisten gab mit einer Maschinenpistole sechs Schüsse auf den Jugendlichen ab. Dramé wurde von fünf Schüssen getroffen.
Der Vorsitzende Richter schilderte minutiös den Vorgang, der im Wesentlichen unstrittig sei. Von Anfang an habe es Verständigungsprobleme mit Dramé gegeben, der nur Spanisch und Französisch sprach und keine Reaktion zeigte. Um einen möglichen Suizid zu verhindern, sei beschlossen worden, Pfefferspray einzusetzen, Alternativen seien nicht diskutiert worden.
Dramé habe dann in Richtung der Beamten flüchten wollen, die ihn entwaffnen wollten. Die Polizisten hätten einen Angriffswillen erkannt und sich in einer Notwehrsituation gesehen. Zunächst seien Taser eingesetzt worden, dann habe einer der Beamten geschossen.
Der Vorfall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und eine Diskussion über Polizeigewalt ausgelöst. Den Einsatzkräften wurden rassistische Motive vorgeworfen. Für Unverständnis sorgte auch, dass die Bodycams der Polizisten während des Einsatzes ausgeschaltet waren.
